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Ein Aushängeschild für Jena und Thüringen: Wie man einen Klangkörper zukunftsfit macht

Musiker:innen der Jenaer Philharmonie in einer Collage

Die Pandemie fordert Kulturschaffenden landauf landab gerade wieder allerhand ab. Sie wirkt als das berühmte Brennglas, das unerbittlich zeigt, was noch nicht optimal ist. So ist klug beraten, wer die Zeit des mitunter unfreiwilligen Innehaltens nutzt, um sich immer wieder strategische Gedanken über seine Zukunft zu machen. Wie müssen sich Kultureinrichtungen wandeln, um bestehen zu können?

Initiiert von der Werkleitung des Eigenbetriebs laufen bei JenaKultur folgerichtig, aber eben auch nicht erst seit gestern etliche solcher Strategieprozesse. Einer davon widmete sich seit 2019 der größten Einrichtung von JenaKultur, der Jenaer Philharmonie. Die spannende Frage lautet nun: Wie zukunftsweisend ist das vorgelegte Zukunftskonzept? Hält es den besonderen Herausforderungen, mit denen uns die Pandemie konfrontiert, stand? Muss es neu akzentuiert oder komplett umgeschrieben werden?

Die Jenaer Philharmonie hatte in ihrem Zukunftskonzept „JP 25“ die wünschenswerte Entwicklung des Orchesters bis ins Jahr 2025 beschrieben und die inhaltlichen Ziele auf dem Weg dahin festgelegt. Gleichzeitig wurden basierend auf einer tiefgründigen Analyse der Spielzeit 2018/2019 zwingend notwendige Transformationsschritte herausgearbeitet. Dazu gehörten insbesondere Umstrukturierungen im Bereich des Managements, verstärkte Marketinganstrengungen und eine ehrlichere Finanzpolitik. Was hieß: ehrlichere Finanzpolitik? Sie meinte vor allem die korrekte Bezifferung des wirklichen Aufwands. Dies ergab einen nötigen Mehraufwand von jährlich 500.000 Euro, von dem ein Teil bereits in den letzten Jahren aus Rücklagen des Eigenbetriebs, also aus einer gemeinsam erwirtschafteten Solidarleistung des gesamten Eigenbetriebs, finanziert wurde.

Ein entsprechender Bericht lag im Herbst 2019 den Gremien der Stadt vor mit dem Verweis, dass eine Beschlussfassung im Rahmen der nächsten Zuschussvereinbarung erfolgen solle. Die nächste Zuschussvereinbarung konnte pandemiebedingt nun nicht wie ursprünglich geplant im Herbst 2020 für die Jahre 2021 bis 2024 sondern erst in diesem Jahr für die Jahre 2022 bis 2024 auf den Weg gebracht werden.

Die Pandemie war es denn auch, die diese Evaluation notwendig machte. Jena läuft wegen der Corona-Mehrkosten Gefahr, in einen Haushaltssicherungsprozess zu laufen. Der Entwurf eines städtischen Haushaltssicherungskonzeptes (HSK) beschreibt deshalb unumgängliche Sparmaßnahmen, die natürlich die sogenannten freiwilligen Leistungen der Kommune besonders stark treffen und allein von der Jenaer Philharmonie eine Einsparung von jährlich 125.000 Euro gegenüber der im Zukunftskonzept beschriebenen Mittel fordern. Kommt das HSK, dann ergibt sich für den Klangkörper quasi ein Nullsummenspiel gegenüber dem ursprünglichen – nicht wirklich auskömmlichen – Budget. Um sich dennoch für diesen „worst case“ zu wappnen, gingen Werkleitung, Orchestervorstand und Orchesterdirektion die ehemals getroffenen Aussagen des Zukunftskonzeptes noch einmal im Detail kritisch durch: Ziele wurden hinterfragt, Maßnahmen neu bewertet usw.

In dieser Evaluation bestätigt die Arbeitsgruppe schlussendlich die Hauptziele der Jenaer Philharmonie: das Orchester solle einerseits als Aushängeschild für Jena und Thüringen auch überregional gelten. Gleichzeitig müsse das Programm der Jenaer Philharmonie in die Stadtgesellschaft strahlen, neue Zielgruppen erreichen und für die Jenaer Bevölkerung präsenter werden.

Viele der beschriebenen Maßnahmen sind bereits teilweise oder auch schon vollständig umgesetzt. So wurde die Position der Orchesterdirektion geschaffen, die gemeinsam mit dem Generalmusikdirektor seit Februar 2020 als Doppelspitze der Philharmonie fungiert. Außerdem wurde innerhalb des Verwaltungsteams umstrukturiert und eine halbe Stelle für die Mitarbeit in der Dramaturgie besetzt. Weiterhin wurde innerhalb des Eigenbetriebs die Kommunikation zwischen den Einrichtungen und zum Zentralbereich deutlich verbessert. Viele positive Synergieeffekte konnten hier genutzt, Aufwände verringert und Prozesse optimiert werden.

Die noch nicht umgesetzten Maßnahmen des Zukunftskonzeptes wurden während der Evaluation kritisch daraufhin abgeklopft, ob sie nach wie vor der Zielerreichung dienen und in der ursprünglich geplanten Form verwirklicht oder angepasst oder sogar ersetzt werden sollten. Zu einem großen Teil wurden sie als nach wie vor sinnvoll eingestuft.

Damit zeigt das Zukunftskonzept insgesamt weiterhin eine große Aktualität und wurde von der Arbeitsgruppe erneut als gute Grundlage für die kommende Arbeit bestätigt. Mit Blick auf die beschriebenen Sparzwänge, die sich ergeben könnten, wurden jedoch zugleich und sehr konstruktiv Modifizierungen ausgemacht, die es ermöglichen, mit einem insgesamt geringeren Mehraufwand die Hauptzielrichtung weiter im Blick behalten zu können.

Existentiell wichtig ist es für den Klangkörper, das philharmonische Ensemble in seiner Ganzheit MIT Orchester in derzeitiger Stärke und MIT den Chören zu erhalten. Damit muss am Haustarifvertrag mit dem Orchester festgehalten werden, der die Besetzungsstärke garantiert.
Die als notwendig erachtete Einrichtung einer neuen Personalstelle für den Bereich Musikvermittlung wurde mit der für Dramaturgie kombiniert, was der Einsparung einer halben Stelle entspricht. Auch im Marketing soll mit weniger Mehraufwand geplant werden. Insgesamt werden so Einsparungen von 100.000 Euro gegenüber dem ursprünglichen Ansatz des Zukunftskonzeptes erreicht.

Dieser Vorschlag wurde den Gremien vorgelegt, bestätigt und dient als Grundlage für die soeben verabschiedete Zuschussvereinbarung 2022 bis 2024.

Natürlich bleibt es unumgänglich, auf dem eingeschlagenen Weg weiter zu gehen und dabei immer mal wieder Ziele auf ihre Passgenauigkeit und Zukunftsfähigkeit hin abzuklopfen. Und auch wenn es nach diesem Beitrag womöglich so scheinen mag, als reduziere sich die Evaluation des Zukunftskonzeptes wesentlich auf Pekuniäres, auf Einsparungen, so sollte doch klar sein: Geld bleibt immer bestenfalls ein Mittel zum Zweck. Die Kunst wird nun darin bestehen, mit noch mehr Ideen und Innovationen, mit noch mehr Kreativität und Erfindungsreichtum dem inhaltlichen Anspruch des Konzeptes dennoch gerecht zu werden. Dazu gibt es in der Jenaer Philharmonie und bei JenaKultur viel Potential!

Jenaer Philharmonie im Volkshaus Jena
Die Jenaer Philharmonie in ihrem Stammhaus, dem Jenaer Volkshaus ©JenaKultur, C. Worsch

Halten Sie es für genauso wichtig wie wir, dass sich die Lichtstadt Jena einen so herausragenden Klangkörper wie die Jenaer Philharmonie leistet? Haben Sie in Ihrem Wirkungsfeld Erfahrungen mit Transformationsprozessen? Möchten Sie mit uns darüber ins Gespräch kommen? Wir freuen uns über Ihre Anregungen und Kritikpunkte.

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