Der Mahler-Scartazzini-Zyklus der Jenaer Philharmonie
Auf der Zielgeraden angekommen: Am nächsten Donnerstag, 5. Juni 2025, bringt die Jenaer Philharmonie unter der Leitung ihres Generalmusikdirektors Simon Gaudenz ihren 2018 begonnenen Mahler-Scartazzini-Zyklus mit der Aufführung von Gustav Mahlers Adagio aus dessen 10. Sinfonie und aller zehn Kompositionen Andrea Lorenzo Scartazzinis im Volkshaus Jena zum Abschluss. Über sieben Jahre hat der Schweizer Komponist das Orchester als Composer in Residence begleitet und ein Werk aus zehn kurzen sinfonischen Sätzen mit Bezug zu den Sinfonien Gustav Mahlers geschaffen.
Rückblick und Ausblick
„Der Vollendung dieses einzigartigen Projekts nah zu sein, erfüllt mit Freude, auch mit Stolz. Zu sehen, was wir alle während dieser Expedition erlebt und geschaffen haben, eröffnet uns und unserem Publikum ein Universum, das Vergangenheit und Gegenwart verbindet und in die Zukunft blicken lässt. Dank Andrea Lorenzo Scartazzinis fein abgestimmten Werken konnte es gelingen, neue Ebenen in Mahlers fantastischen Klangkosmos zu entdecken. Eine großartige Bereicherung für die Mitwirkenden und das Publikum gleichermaßen.“
Simon Gaudenz, Generalmusikdirektor
Am 18. Oktober 2018 eröffnete die Jenaer Philharmonie die Spielzeit 2018.2019 mit dem ersten Teil des Zyklus, mit Mahlers 1. Sinfonie und dem als Prologwerk vorausgehenden „Torso“ für Orchester von Scartazzini. „Wir wollen etwas schaffen, das bleibt.“ – mit diesen Worten kündigte Simon Gaudenz damals das über mehrere Jahre angelegte Projekt, diesen einzigartigen sinfonischen Zyklus an, mit dem das Orchester in den letzten Jahren auch kontinuierlich seine bemerkenswerte künstlerische Leistungsfähigkeit unter Beweis stellte und darüber hinaus einen viel beachteten musikalischen und interpretarorischen Reifeprozess durchlief. Nicht nur in Jena, sondern auch in der internationalen Musikszene fand und findet der Zyklus großes Interesse und bringt der Jenaer Philharmonie regelmäßig Festival- und Gastspieleinladungen in ganz Europa ein. Ein Höhepunkt war sicherlich die Einladung 2022 zu den Gustav Mahler Musikwochen in Toblach in Südtirol – und im Sommer 2025 wird das Orchester mit dem Mahler-Scartazzini-Zyklus IX erneut zu Gast in Toblach sein. Mit über 400 Mitwirkenden erregte ein Teil des Zyklus besondere Aufmerksamkeit, über den wir auch hier im Blog berichtet haben: die „Sinfonie der Tausend“, Gustav Mahlers Achte, die zum 90-jährigen Jubiläum der Jenaer Philharmonie im März 2024 in der Sparkassen-Arena aufgeführt wurde, übrigens erstmalig in der Geschichte des Orchesters an seinem Sitz in Jena. Blicken wir nun heute nach sieben Jahren einmal zurück, so zählen wir im Mahler-Scartazzini-Zyklus 19 Konzerte in sieben Städten von Jena über Basel bis Toblach.
„Für jedes Orchester und jeden Dirigenten gehört der Zyklus der gesamten Sinfonien Gustav Mahlers zu den schönsten Herausforderungen. Die Jenaer Philharmonie mit ihren drei Chören ist geradezu prädestiniert für diese große Aufgabe und setzt sich stetig mit dem unfassbaren Universum des spätromantischen Komponisten, dessen visionäres Schaffen die gesamte Sinfonik des 20. und 21. Jahrhunderts beeinflusste, auseinander.“
Simon Gaudenz, Generalmusikdirektor
„Torso“, „Epitaph“, „Spiriti“, „Incantesimo“, „Einklang“, „Omen“, „Orkus“, „Anima“, „Enigma“ und „Einkehr“
Die einzelnen Kompositionen Andrea Lorenzo Scartazzinis, die im Laufe des Zyklus entstanden sind, beziehen sich auf die jeweils dazu aufgeführte Sinfonie Mahlers und führen sensibel in die Klangwelt des Komponisten ein. Gleichzeitig sind sie aber auch eigenständige Werke, die unabhängig aufgeführt werden können. Mit jeder Aufführung einer Mahler-Sinfonie ist Scartazzinis Werk also auch zu einem groß angelegten Orchesterstück gewachsen.
„Zuletzt, wenn alle meine zehn Kompositionen des Mahler-Scartazzini-Zyklus geschrieben sind, wird die Gesamtdauer dieser Stücke wohl etwas über eine Stunde betragen – fast soviel wie eines der kürzeren sinfonischen Werke Gustav Mahlers. Es steckt viel Freude, Nachdenken, und ja: natürlich auch Arbeit in diesem Zyklus, und die Vergegenwärtigung des über die vergangenen Jahre betriebenen Aufwands an Zeit und Energie und Herzblut, lässt mich erst recht den Hut ziehen vor der unermesslichen Schaffenskraft Mahlers und seinem umfangreichen Werk.“
Andrea Lorenzo Scartazzini, Komponist
Der Composer in Residence der Jenaer Philharmonie beeindruckt in all seinen Werken mit extrem ausdifferenzierten Atmosphären und seiner emotionalen und durchlässigen Musik. Neben den neun bereits aufgeführten Kompositionen erklingt sein letztes Stück – „Einkehr“ für Sopran, Alt, Chor und Orchester – zum Abschluss des Zyklus am 5. Juni als Uraufführung und ist eine Vertonung der ersten Strophe von Hölderlins Elegie „Brot und Wein“. Auf berührende Weise evoziert diese Bilder einer Stadt, die zur Ruhe kommt, vom Tag, der zu Ende geht, von Stille und Einkehr. Damit stellt Scartazzini dem Schmerz, dass Mahlers 10. Sinfonie ein Fragment geblieben ist, eine Musik entgegen, die vom Frieden der Vollendung singt.
Tickets für das große Finale des Mahler-Scartazzini-Zyklus sind in der Jena Tourist-Information, online sowie an der Abendkasse vor Ort erhältlich. Nach dem Konzert lädt die Jenaer Philharmonie das Publikum im Foyer zum gemeinsamen Ausklang zum Abschluss des Zyklus ein.
Zum Nachhören: Der Mahler-Scartazzini-Zyklus als CD-Reihe
Seit 2023 erscheint der Mahler-Scartazzini-Zyklus beim renommierten Plattenlabel Odradek auch als CD-Reihe und bekommt für das künstlerische Niveau der Einspielungen hervorragende Rezensionen. Am 6. Juni wird das vierte Album mit den Sinfonien Nr. 8 und 9 und den vorangestellten Werken „Anima“ und „Enigma“ veröffentlicht – exklusiv kann die CD schon vorab beim Konzert erworben werden. Simon Gaudenz und Andrea Lorenzo Scartazzini signieren im Anschluss.
Natürlich interessiert uns, ob Sie, liebe Leser:innen unseres Blogs, den Mahler-Scartazzini-Zyklus verfolgt haben und wie Sie ihn erlebt haben? Hat Sie die Idee überzeugt? Wir freuen uns über Ihre Feedbacks.