Eine Frau steht vor einem Wohnhaus in Jena und dirigiert die Bewohner, die aus dem Fenstern heraus ein Konzert geben

Anfang Mai haben wir zwei Pädagog*innen der Musik- und Kunstschule Jena befragt, wie die Corona-Pandemie ihre Arbeit beeinflusst hat. Neue Formate haben sich entwickelt und auch Chancen ergeben, auch wenn vieles aus dem Alltag natürlich fehlte und sicher noch heute fehlt – die Ensemblearbeit zum Beispiel, oder auch einfach das gewohnte Miteinander der Kolleg*innen.

Klaus Wegener, Lehrender an der Musik- und Kunstschule für Klarinette und Saxophon sowie Leiter des Bandprojekts und der BigBand „R&BeBees“, teilt heute eine sehr schöne Erinnerung aus seinem privaten – aber natürlich ebenfalls musikalischen – Umfeld, die er aus dieser in vielerlei Hinsicht schwierigen, aber eben auch besonderen Zeit mitnimmt:


In der Zeit des Shutdown entwickelte sich in Jena (aber nicht nur in Jena) eine ganz eigenwillige Art der Musikkultur.

Angeregt durch den Impuls, am 15. März um 18:00 Uhr „Freude, schöner Götterfunken“ – das Thema des Finalsatzes von Beethovens 9. Sinfonie – deutschlandweit aus den Fenstern zu spielen, hatten sich in Jena die Sonntags-Corona-Musiken entwickelt.
Jeden Sonntag spielten Musiker (Laien und Profis, Erwachsene und Kinder, Anfänger und Fortgeschrittene) anfangs aus den Fenstern und von den Balkonen, später auch auf den Plätzen und Straßen, in Gärten.

Jede Gruppierung fand ihre eigenen Programme: von Volksliedern und Chorälen über Kammermusik und großer Sinfonik bis zu Popsongs war alles dabei.
Einige Gruppen spielten sogar mit wechselnden Besetzungen täglich ein kleines Konzert.

Im Haus von MKS-Pädagoge Klaus Wegener spielten sonntags auf jeder Etage Nachbarn
Im Haus unseres Autors versammelte sich sonntags die ganze Nachbarschaft | © Tina Peißker

Von vielen Seiten konnte man Begeisterung für diese überraschende kulturelle und nachbarschaftliche Bereicherung hören. Menschen wanderten sonntags zu den bekannten Stellen, an denen Musik gespielt wurde, und lauschten im Vorbeigehen.
Vielfach lernten die Musiker sich in ihrer Nachbarschaft erst dadurch kennen, dass sie vom Balkon musizierten.
Bei uns kam es zu einer überraschenden Konstellation von Erwachsenen und Kindern, Profis und Laien und zu einer glücklichen Zusammenarbeit von Jenaer Philharmonie und Musik- und Kunstschule Jena.
Auch die Nachbarn kamen regelmäßig an ihre Fenster und auf ihre Balkons und spendeten Beifall.

8 bis 10 Mal hielten wir das durch, bis Pfingsten. Oben sehen Sie ein wunderbares Foto der Fotografin Tina Peißker, die uns zur letzten Sonntags-Corona-Musik besuchte. Einen herzlichen Dank für das Foto!

Und ein kleiner Film der nachbarschaftlichen Zusammenarbeit, auf die Ferne zusammengehalten durch das wunderbare Dirigat der Nachbarin.

Aufnahmen der Nachbarschaft unseres Autors, die das Volks- und Kinderlied „Alle Vögel sind schon da“ aufführt © Nitsche/Wegener

Wie haben Sie den Lockdown erlebt, liebe Leserin und lieber Leser?
Haben Sie ebenfalls Musik gemacht oder Sonntagskonzerte besucht? Hat sich in Ihrer Umgebung auch ein solches Gemeinschaftsgefühl entwickelt wie bei Herrn Wegener und vermissen Sie diese Zeit vielleicht sogar ein wenig?

Wir sind auf Ihre Kommentare wie immer gespannt!

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