Allgemein Kultur in Jena Kulturpolitik

Was macht eigentlich eine Agentur für Zwischennutzung?

Lost Places

Nicht selten stellen wir fest, dass die Unterscheidung zwischen der Kultur in Jena und JenaKultur nicht ganz einfach ist. Dann betonen wir, dass wir die STÄDTISCHEN Einrichtungen für Kultur und Kulturelle Bildung, den Tourismus und einige Sonderprojekte verantworten, nur einen Teil vom Ganzen sozusagen, dass nämlich auch ganz viele Kulturangebote in der Stadt außerhalb von unserem Kosmos laufen, dass wir diese bestenfalls, wenn gewünscht, unterstützen, fördern, beraten. In dieser Gesamtgemengelage bleibt in einer boomenden Stadt wie Jena eine Problematik virulent: die Frage nach geeigneten und passenden und vor allem bezahlbaren Räumen ob indoor oder outdoor. Es war also eine gute Idee, eine Stelle zu schaffen, die sich explizit darum kümmert. Seit einigen Monaten ist jetzt Eva Großblotekamp die Ansprechpartnerin. Sie hat uns den folgenden Gastbeitrag geschrieben, in dem sie ihre Arbeit vorstellt.

Eva Großblotekamp leitet die Zwischennutzungsagentur BLANK
Eva Großblotekamp leitet die Zwischennutzungsagentur BLANK © Foto: Tina Peißker

Seit August letzten Jahres bin ich Projektleiterin von BLANK – der Agentur für Zwischennutzung. Ich bin Kulturmanagerin mit Expertise in Stadtentwicklungsprojekten und als ehemalige Theaterhausmitarbeiterin und freischaffende Regisseurin bestens in der Stadt und ihrer kreativen Szene vernetzt.

Die Agentur wurde 2020 als Projekt der Bürgerstiftung gegründet und ist seit April 2022 bei der reCoVer-Stiftung für nachhaltigen Verbrauch angesiedelt.

Das Projekt Blank widmet sich der nachhaltigen Aktivierung von Leerstand über die bestehende starke Nachfrage an Arbeits-, Präsentations- und Veranstaltungsräumen vonseiten verschiedenster lokaler Akteure aus Kunst und Kultur, Bildung, Soziales und Sport sowie der Kreativwirtschaft. 

Die Zwischennutzungsagentur erfasst vorhandene Raumangebote und Raumbedarfe, vermittelt zwischen Raumsuchenden und Immobilieneigentümer:innen und unterstützt somit die Belebung von leerstehenden Flächen durch temporäre sowie dauerhafte Nutzungen. Über die Hälfte der Raumgesuche kommen derzeit aus dem Bereich Musik. Viele Bands und Solokünstler:innen suchen Proberäume und Studios zum Arbeiten. Am schwierigsten gestaltet sich die Suche nach geeigneten Räumen und (Frei-)Flächen für die Nachtkultur. Hier ist der Bedarf in einer jungen Stadt wie Jena unverändert groß. Blank ist auch in der Auswertung und Weiterentwicklung der im vergangenen Jahr durchgeführten Freiflächenlabore beteiligt. Blank arbeitet eng mit der Kulturberatung Jena zusammen. Die gemeinsame Verortung in der Schillerstraße 5 vereint sinnvolle Schnittstellenaufgaben der Kulturberatung und der Zwischennutzungsagentur und kennzeichnet das gemeinsame Büro als eine zentrale Anlaufstelle für Beratungs-, Netzwerk-, und Kommunikationsarbeit.

Am schwierigsten gestaltet sich die Suche nach geeigneten Räumen und (Frei-)Flächen für die Nachtkultur.

Als gebürtige Bad Homburgerin hat es mich nach dem Studium in Berlin eher zufällig nach Jena verschlagen. Nachdem es eigentlich nur ein, zwei Jahre werden sollten, lebe ich nun seit fast 10 Jahren in Jena und betrachte die schöne Saalestadt mittlerweile als mein Zuhause. Für die Möglichkeit, meine Wahlheimat als „Leerstandsbeauftragte“ aktiv mitgestalten zu dürfen, bin ich sehr dankbar. Es ist ein sehr abwechslungsreicher Job mit großem kreativen Gestaltungsspielraum. Das entschädigt die manchmal etwas zähen Prozesse im Umgang mit „unbeweglichen Dingen“ – besser bekannt auch als Immobilien.

Ich blicke in meinem ersten halben Jahr bereits auf einige erfolgreiche Vermittlungen zurück: Neben einer vierwöchigen Zwischennutzung von Räumlichkeiten in der Schillerstraße 5 durch die Freie Bühne Jena e. V. in der Adventszeit konnten Räumlichkeiten der Alten Stadtbäckerei in der Wiesenstraße an einen in Jena ansässigen gemeinnützigen Verein vermittelt werden, der dort von April bis Oktober eine Ausstellungsfläche nutzt. Ab Mitte Februar wird eine Jenaer Modedesignerin in einem Ladenlokal am Markt für drei Monate in einem Pop-Up-Store ihre Kollektion nachhaltiger Mode präsentieren. Bis April lässt Blank zudem eine Neugestaltung der Schaufensterfront in der Saalbahnhofstraße (Alte Feuerwache) vornehmen. 

Über mein bestehendes Netzwerk vermittele ich auch immer wieder Zusammenschlüsse nach dem Sharing-Prinzip, wie beispielsweise die gemeinschaftliche Nutzung einer Tischlerwerkstatt als Arbeitsraum für experimentelle Musik. Auch eine Ausweitung der Raumsuche auf die umliegenden Stadtgebiete hat sich Blank zur Aufgabe gemacht. Aktuell ist eine Ladenzeile im Erdgeschoss eines Wohnhauses in Jena Lobeda vakant und zur dauerhaften Nutzung als Atelier, Fotostudio oder Büro ausgeschrieben. Derzeit arbeite ich zudem an einem Nutzungskonzept für eine großflächigere und kollektive Nutzung eines Gebäudes in der Jenaer Innenstadt.

Neben der Vermittlung zwischen Raumangebot und -nachfrage ist Öffentlichkeitsarbeit ein wichtiger Aufgabenbereich von Blank, um zum Thema Leerstandsvermeidung und Raum als Ressource zu informieren und zu sensibilisieren. Im Laufe des Jahres 2023 habe ich mich außerdem auf mehrere kleine Touren durch die Bundesrepublik begeben, um mich von Best Practice Beispielen aus anderen Städten inspirieren zu lassen und das Netzwerk zu erweitern. Es bleibt also spannend.

Haben Sie die Arbeit von Blank bereits wahrgenommen? Wie finden Sie die Idee, zwischenzeitliche Leerstände in einer Stadt auf diese Weise zu beseitigen? Haben Sie Anregungen, Inspirationen, Feedbacks zum Thema? Und wollen Sie vllt. in eigener Sache Kontakt mit Eva Großblotekamp aufnehmen? Sie ist hier zu finden:

BLANK – reCover-Stiftung Jena |  c/o Ernst-Abbe-Stiftung Jena | Schillerstraße 5 | 07743 Jena | blank@recover-jena.de | Tel. 0159 06307067

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