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Juniorwahl mit der Volkshochschule Jena an drei Schulen in Winzerla

Das Team der vhs freut sich über die zahlreichen Stimmzettel bei der Juniorwahl 2021, vier Mitarbeiter:innen leeren die Wahlurne mit viel Vorfreude

So viele Wahlzettel! … natürlich nicht die echten … die wurden unter den kritischen Augen der Wahlbeobachtenden korrekt ausgezählt und archiviert.

Die Organisatoren und Kooperationspartner:innen der Juniorwahl in Winzerla freuen sich über das sehr gut gelaufene Projekt: Christian Ziege – stellv. Leiter der vhs Jena und organisatorischer Projektleiter / Christian Blum – Dozent, Inhaltlicher Projektleiter und Ideengeber für das Projekt / Dr. Angela Anding – Leiterin der vhs Jena / Max Hemmerling, Mitarbeiter im Jugendzentrum Hugo

 

Die Bundestagswahlen liegen nun schon wieder viele Wochen zurück. Jeder weiß: Volljährige mit deutscher Staatsangehörigkeit können wählen. Außerdem gab und gibt es eine intensive Diskussion um die Frage der Wahlbeteiligung von Jugendlichen ab 16 Jahren. Viele wollen bereits in diesem Alter ebenfalls ihr Votum abgeben und sich damit einbringen. Rechtlich ist das in Hinblick auf die „richtige“ Wahl nicht möglich. Und dennoch haben Jugendliche ab der 8. Klasse die Möglichkeit, die Bundestagswahl (wie auch Landtags- und Europawahl) unter ganz realen Bedingungen nachzustellen und zu wählen – mit der so genannten Juniorwahl.

Diese wird in der Regel von engagierten Schulen und Sozialkundelehrer:innen in Zusammenarbeit mit dem Verein Kumulus e. V. in Berlin organisiert. Kumulus e. V. ist ein gemeinnütziger und überparteilicher eingetragener Verein, der unter der Schirmherrschaft des Präsidenten des Deutschen Bundestages bundesweit gefördert wird durch den Deutschen Bundestag, das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie durch die Bundeszentrale für politische Bildung. Über den Verein können alle relevanten Unterlagen – wie Stimmzettel der entsprechenden Wahlbezirke, Wahlurnen, Wahlkabinen etc. – bezogen werden. Die Vorbereitung erfolgt dann in der Regel im Sozialkundeunterricht – in vielleicht ein oder zwei Unterrichtsstunden.

Auf Anregung des engagierten Dozenten Christian Blum im Bereich der Schulabschlüsse nahm die Volkshochschule Jena (vhs) diese Idee ebenfalls auf, nachdem der Blick auf die Juniorwahl-Karte in Jena zeigte, dass im Stadtteil Winzerla keine Juniorwahl in den weiterführenden Schulen geplant war.

Der Bereich der Politischen Bildung für Menschen ab 16 Jahren ist der vhs sehr wichtig, und so wurden Fördermittel aus einem Landes- und einem Bundesprogramm beantragt. Mit diesen Fördermitteln war es möglich, eine wesentlich umfangreichere Vorbereitung auf die beabsichtigte Wahl anzubieten: als Tagesworkshops mit engagierten Lehramtsstudierenden der Uni Jena. Die Studierenden wurden darüber hinaus vorher in einem Multiplikatoren-Workshop inhaltlich und vom Ablauf her auf das Projekt vorbereitet.

Was anfangs noch als kleines Projekt mit dem Jugendzentrum Hugo und mit einer Schule diskutiert wurde, konnte durch das Interesse der Gemeinschaftsschule Galileo, der Gemeinschaftsschule „An der Trießnitz“ und des Ernst-Abbe-Gymnasiums schlussendlich an drei Schulen mit 18 Klassen (8. bis 12. Klasse) und 11 Workshops durchgeführt werden. So bekamen rd. 470 Schüler:innen die Möglichkeit, sich intensiv mit dem Thema „Demokratie und Wahlen“ auseinanderzusetzen und für die Wahl als künftige Wähler zu motivieren.

Die Durchführung der Tagesworkshops war allen Beteiligten sehr wichtig und natürlich auch der große Unterschied zur herkömmlichen Juniorwahl in den Schulen. Schließlich brauchten die Schüler:innen ja Informationen, um sich eine eigene Meinung bilden und am Ende wohlüberlegt ihre Stimme abgeben zu können.

Dabei stellte sich schnell heraus, dass das Alter als solches kein alleiniger Indikator für politisches Grundwissen ist. So waren auch viele Achtklässler:innen schon hervorragend informiert und wussten mehr als erwartet.

Die Tagesworkshops in den Schulen wurden von Dozent:innen der Volkshochschule durchgeführt, um die Schüler:innen politisch zu informieren und auf die Wahl vorzubereiten. Zunächst wurde spielerisch in das Thema eingeleitet, um den Gedanken und die Sinnhaftigkeit einer Demokratie zu verdeutlichen: Was ist überhaupt die Erst- und Zweitstimme? Welche Parteien gibt es und wofür stehen diese? Diese und andere Fragen wurden im Laufe des Tages behandelt. Auch der Wahl-O-Mat wurde mit den Klassen gemeinsam durchgeführt und offene Fragen sowie fremde Begriffe geklärt. Die Wahlprogramme aller im Bundestag vertretenen Parteien wurden thematisch vergleichend analysiert, aber natürlich nicht bewertet. Kernpunkt der Workshops war die vorurteilsfreie Betrachtung der Programme und die Diskussion darüber, welche Werte vertreten werden und am besten zu jedem Einzelnen passen.

Auch die Frage nach der Wahl ab 16 Jahren wurde diskutiert. Hier waren die Äußerungen durchaus sehr unterschiedlich, vom leidenschaftlichen Verfechter bis zur selbstkritischen Stimme nach dem Motto: Kann ich dieser Verantwortung tatsächlich schon gerecht werden?

Am 24. September konnten die Schüler:innen freiwillig und geheim Ihre Stimmen in Wahlkabinen abgeben und danach in eine Wahlurne einwerfen – also wie bei der „richtigen“ Wahl. Am Nachmittag erfolgte dann die Auszählung mit Schüler:innen, interessierten Lehrer:innen der Schulen, Lehramtsstudierenden, Mitarbeitenden der vhs und Jugendclubmitarbeitenden im Jugendzentrum Hugo. Sie arbeiteten sich unter Aufsicht durch den Berg voller Zettel. Das Ergebnis war überaus interessant: Die Jugendlichen votierten größtenteils für Die Grünen (20,5%). Darauf folgten die SPD (13,9%), die Linke (13,5 %), CDU und FDP (jeweils 9,4%), AFD (9%), die Piraten (7,8%) und Die Partei (5,7%). Auch viele andere kleine Parteien (10,7%) wurden gewählt. Manch eine Schulleitung war überrascht, welche Parteien ihre Schüler:innen kennen und wählten.

Die Ergebnisse sind insofern interessant in der Detailschau, als dass sie sich erstens vom Gesamtergebnis im Wahlkreis 191 (Jena-Sömmerda-Weimarer Land1) und zweitens auch in den Ergebnissen der Juniorwahl in Gesamtdeutschland etwas unterscheiden. So wählten die Jugendlichen in Winzerla ausgesprochen grün (Platz 1) mit 20,5%. Im Gesamtwahlkreis wurden die Grünen mit 16,9% und damit auf Platz 2 hinter der FDP mit 18,7% gewählt. Die FDP spielte mit 9,4% bei den Jugendlichen in Winzerla offensichtlich keine so herausgehobene Rolle wie im Wahlkreis insgesamt und bei der Bundes-Jugendwahl (mit 18,5%). Die Ergebnisse können in den nachfolgend dargestellten Diagrammen sehr gut verglichen werden. Es zeigt sich, dass es sich lohnt, auf regionale Unterschiede zu schauen.

Grafik 1 zur vhs Juniorwahl: Zweitstimmen Jena-Winzerla
Grafik 1: vhs Juniorwahl: Zweitstimmen bei der Juniorwahl in Jena-Winzerla ©vhs Jena
Grafik 2 zur vhs Juniorwahl: Zweitstimmen Jena-Sömmerda-Weimarer Land
Grafik 2: Zweitstimmen im Landkreis 191 (Jena-Sömmerda-Weimarer Land)

Quelle: www.juniorwahl.de/juniorwahl-btw-2021.html

Grafik 3 zur vhs Juniorwahl: Zweitstimmen mit Gewinnen & Verlusten
Grafik 3: Zweitstimmen der Bundestagswahl (mit Gewinnen & Verlusten zu 2017)

Quelle: www.juniorwahl.de/juniorwahl-btw-2021.html

Und so fällt das Fazit der Aktion von Dr. Angela Anding, der Leiterin der vhs Jena aus.

„Letztendlich sind wir als Volkshochschule mit dem Ablauf der Juniorwahl sehr zufrieden und freuen uns über den engagierten Einsatz aller Beteiligten und Kooperationspartner:innen, viel positives Feedback und hoffen, dass wir nachhaltig zur politischen Bildung im Stadtteil beitragen konnten. Mein besonderer Dank gilt Christian Ziege, der vhs-seitig die Fäden der Juniorwahl hoch professionell in den Händen hielt und Christian Blum, dem Ideengeber und hervorragenden Projektleiter in Bezug auf die Planung und Durchführung der Workshops und Begleitung der Wahl insgesamt.“

Dr. Angela Anding, Leiterin der vhs Jena

Die politische Bildung ist u.E. ein sehr wichtiger Baustein in der Erziehung von Kindern. Wie vermitteln Sie politische Bildung zuhause? Wie wurde Sie Ihnen vermittelt? Kennen Sie das Projekt Juniorwahl? Sollte dies vielleicht sogar allen Schüler:innen ermöglicht werden. Was meinen Sie, liebe Leser:innen?

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