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Von Jena nach Oulu – Eine musikalische Reise voller Begegnungen

Der Schriftzug "Oulu" in großen Betonbuchstaben vor einem See mit Fontainen

Die Reise nach Oulu war weit mehr als ein Konzertprojekt: Sie hat Brücken gebaut – zwischen Jugendlichen unterschiedlicher Länder, zwischen Lehrer:innen und Schüler:innen, zwischen Traditionen und neuen Erfahrungen. Musik wurde dabei zur gemeinsamen Sprache, die alle verbindet. Mit vielen unvergesslichen Momenten im Gepäck kehrte das Jugendsinfonieorchester der Musik- und Kunstschule nach Jena zurück – bereichert durch Freundschaften, musikalische Inspiration und die Gewissheit, dass Austauschprojekte wie diese Türen weit öffnen können. In diesem Beitrag nehmen uns die Beteiligten ein Stück weit auf Ihre Reise mit und erzählen über ihre Eindrücke und Erfahrungen.

Von der Idee zum Austauschprojekt

Für das Jugendsinfonieorchester (JSO) der Musik- und Kunstschule Jena (MKS) startete das neue Schuljahr mit einem besonderen Erlebnis: noch bevor alle Stundenpläne fertig waren und sich der Unterrichtsalltag eingestellt hatte, traf man sich am 21. August 2025 mitten in der Nacht, um eine Reise in den Norden anzutreten.

Durch persönliche Kontakte der Schulleiterin Yvonne Krüger nach Oulu in Finnland entstand während eines Sommerbesuches 2023 die Idee eines Austauschs mit dem dortigen Konservatorium. Ungefähr ein Jahr später kam das finnische Jugendorchester vom 30. Mai bis 5. Juni 2024 nach Jena. Über diesen Besuch wurde bereits in einem Blogbeitrag berichtet.

Proben, gemeinsame Erlebnisse und ein sehr gelungenes Konzert im Volksbad Jena gaben den Planungen für den Gegenbesuch zusätzlich Rückenwind.

Reisevorbereitungen: Instrumente, Tickets und Organisation

Wenn ein Jugendorchester auf Reisen geht, gibt es im Vorfeld enorm viel zu bedenken.

Nicht nur Flugtickets für 43 Mitreisende mussten gebucht werden, ebenso benötigten die mitfliegenden Posaunen eigene Sitzplätze. Celli und Kontrabässe bekamen die Schüler:innen aus Oulu, Hörner mussten extra aus Leipzig ausgeliehen werden, damit sie den Platzvorgaben der Airline entsprachen.

Alle anderen Instrumente wurden gründlich vermessen und gewogen, Etuis ausgetauscht, um die recht strikten Handgepäcksregeln der finnischen Airline einzuhalten.

Als nun am sehr frühen Morgen des 21. August 38 Jugendliche und 5 Lehrkräfte der MKS im Reisebus zum Berliner Flughafen Platz nahmen, konnten sie sich auf eine gut vorbereitete Reise freuen – hier schonmal ein großes „Danke“ an die Kolleg:innen der MKS-Verwaltung!

Ankunft in Oulu: Willkommen bei den Gastfamilien!

Nach einem kurzen Zwischenstopp in Helsinki landeten wir am frühen Nachmittag in Oulu und wurden erwartungsvoll von den finnischen Gasteltern und Kolleg:innen des Konservatoriums empfangen.

Über ihre Erfahrungen mit der Gastfamilie berichten Jasmin und Charlotta vom JSO:

„Als wir in Finnland angekommen sind, wurden wir sehr herzlich von unserer Gastfamilie begrüßt und sofort ins Familienleben aufgenommen. Auch wenn wir an manchen Tagen lange Proben hatten, haben wir jeden Tag etwas gemeinsam unternommen wie baden gehen, Frisbee-Golf spielen oder in die Sauna gehen. Das Besondere war, dass wir, egal ob mit einem der Familienmitglieder oder mit Allen gemeinsam schöne Gespräche führen konnten. Vor allem wegen dieser offenen Art werden wir unsere Gastfamilie nicht vergessen und so bald wie möglich wieder kommen.“

Schülerinnen der Musik- und Kunstschule Jena posieren mit ihrer Gastfamilie in deren Garten
Charlotta und Jasmin mit Gastfamilie ©privat

Probenarbeit: Aus zwei Orchestern wird eins

Die nächsten Tage waren den Vorbereitungen für das gemeinsame Konzert gewidmet. Abwechselnd leiteten Ulrike Zinke (Jena) und Osmo Leponiemi, sowie Matias Nässi (Oulu) die Proben.

Über seine Eindrücke aus den Proben berichtet Arthur vom JSO:

„Die Sprachbarriere stand zu Beginn ein wenig zwischen den Orchestern: andere Sprache, Eintragungen in den Noten, andere Absprachen. Doch nach den gemeinsamen Proben im Tutti und den Registern hat sich der volle Klang des Orchesters entfaltet und den Konzertsaal gefüllt – aus zwei Orchestern wurde eines. Die Proben waren anfangs etwas chaotisch, doch schnell hatte sich eine konzentrierte und produktive Stimmung etabliert, was nicht heißen soll, dass nicht geredet und gescherzt wurde. Die finnischen Gastgeber:innen waren sehr zuvorkommend und hilfsbereit, etwaige Unklarheiten zu beseitigen.“

Probenarbeit in Oulu ©Musik- und Kunstschule Jena

Übrigens ging es uns Kolleg:innen bei der Begleitung der Jugendlichen ebenso wie Arthur. Die Geschwindigkeit des musikalischen und persönlichen Zusammenwachsens zu beobachten hat uns sehr berührt und gezeigt, wie gut und wichtig solche Projekte sind.

So empfand es auch Ulrike Zinke, die Dirigentin des JSO:

„Die Proben mit dem finnisch-deutschen Jugendorchester waren eine besondere Erfahrung. Es gab einige Herausforderungen, zum einen die Sprache – Englisch ist ja für uns alle nicht die Muttersprache 🙂 – zum anderen waren Musiker:innen krank geworden und neue Schüler:innen mit dabei … Da dauerte es erst einmal, bis sich alle an Tempi und Ansagen gewöhnt hatten.

Aber es war auch wunderbar zu erleben, wie die beiden Orchester Stück für Stück einen gemeinsamen Klang entwickelt haben. Die Schüler:innen waren hochkonzentriert und auch bereit, alles möglichst gleich umzusetzen. Bereits die zweite Probe war sehr berührend, alle spielten mit vollem Einsatz und Herz.

Und im Konzert durfte ich ja die Sinfonia piccola dirigieren und erlebte ein Orchester, was mit dem gleichen emotionalen Einsatz wie ich selbst aus jedem Satz das Optimum herausholen wollte. Besonders die Hörner haben mich im 4. Satz beeindruckt: Da kam auf einmal ein gemeinsamer Sound, das waren Gänsehautmomente.“

Ulrike Zinke und Osmo Leponiemi lachen fröhlich in die Kamera, im Hintergrund sind Notenständer und Musikschüler:innen im Gespräch zu sehen
Ulrike Zinke und Osmo Leponiemi bei den Proben für das Abschlusskonzert ©Musik- und Kunstschule Jena

Gemeinsames Konzert: Ein musikalisches Highlight

Außenansicht des Konservatoriums in Oulu mit Plakaten für Konzerte
Konservatorium Oulu ©Musik- und Kunstschule Jena

Und so war dann auch das Konzert im Madetoja-Saal des Konservatoriums ein Erfolg.

Neben den finnischen Gastfamilien hatte es auch die Familie einer Schülerin des JSO zum Ereignis in das entfernte Oulu geschafft. Sie alle konnten unter dem Dirigat von Ulrike Zinke, Osmo Leponiemi und Matias Nässi ein spannendes Programm erleben.

Werke von Gustav Holst und Timo Forsström waren zu hören, die bereits in Jena aufgeführte Sinfonia piccola des erst 15-jährigen finnischen Komponisten Heikki Suolahti (1920-1936) und zum Abschluss der Ägyptische Marsch von Johann Strauss (Sohn).

Sehr beeindruckend war außerdem der Solist des Klavierkonzerts in a-Moll von Edvard Grieg, Nooa Hilli.

Das Orchester vor dem Konzert beim Stimmen der Instrumente ©Musik- und Kunstschule Jena

Selbstverständlich wurden Kunst und Künstler:innen im Anschluss ausgiebig gefeiert!

Pädagogischer Austausch zwischen Lehrenden und Schüler:innen

Ein weiterer Schwerpunkt der Reise war der pädagogische Austausch, zum einen durch Gespräche mit den finnischen Kolleg:innen, zum anderen hatten Schüler:innen des Konservatoriums die Gelegenheit, Unterricht in den Fächern Barockvioline bei Andrea Schmidt und Querflöte bei Katrin Schroeder zu erhalten.

Katrin Schroeder, Querflötenlehrerin an der MKS Jena:

„In Oulu traf ich auf engagierte, rund um die Querflöte interessierte und offene Kolleg:innen, die mir ihre Schüler:innen anvertrauten. Das spannende Experiment, mit ihnen an Atmung, Körper und dadurch letztlich am Klang zu arbeiten, gelang. Neugierig und fasziniert von meinem Unterricht setzten sie den Austausch fort – die finnischen Kolleg:innen planen, mit einigen Schüler:innen im November zu den Thüringer Flötentagen zu kommen.“

Andrea Schmidt, Violinlehrerin an der MKS Jena berichtet über einen Workshop der besonderen Art:

„An zwei Tagen erkundeten einige finnische Schüler:innen mit mir die Welt der Alten Musik. Wir spielten Violinkonzerte von Vivaldi, Sonaten von Telemann und Tanzsätze von Biber und übten uns vor allem in barocker Stilistik – zum Teil tatsächlich auch mit Barockbögen.“

Oulu entdecken: Stadt, Kultur und Begegnungen

An den folgenden Tagen war Zeit, die Stadt etwas näher kennenzulernen. Im Großraum Oulu, der nördlichsten Großstadt Europas, an der Mündung des Flusses Oulujoki in den Bottnischen Meerbusen gelegen, leben etwa 200.000 Menschen. Handelte man früher mit Lachs, Salz und Holzteer, ist die Stadt heute international bekannt für IT-Wirtschaft, Hochtechnologie und nicht zuletzt für die jährlich stattfindende Luftgitarren-Weltmeisterschaft, wie uns mehrfach erklärt wurde.

Ein bisschen alt-finnische Atmosphäre durften wir beim Besuch des Museumsdorfes Turkansaari erleben. Ca. 40 traditionelle Gebäude erzählen vom Handwerk der Teerbrennerei, der Lebensweise und der Landwirtschaft der nordbottnischen Region.

Eindrücke aus Oulu ©Musik- und Kunstschule Jena

Eva Gießler (Violine) berichtet von einer weiteren Begegnung:

„Am Nachmittag trafen wir zwei Vertreter:innen des Jugendparlaments in Oulu, von denen einer sogar im Orchester des Konservatoriums spielte. Sie erzählten uns etwas über ihre Freiwilligenarbeit und wie sie die Ereignisse in die Politik einbringen dürfen. So erfuhren wir beispielsweise, dass das Jugendparlament jährlich Geld zur Verfügung gestellt bekommt, um eigene Projekte umzusetzen. Außerdem sind sie regelmäßig mit den Kommunalpolitiker:innen im Austausch, um über Verbesserungen der Stadt für Kinder und Jugendliche zu sprechen.“

Abschlussmomente: Meer, Grillabend und Dankbarkeit

Am Ende dieser wunderbaren Reise standen ein Vormittag am Meer, der von einigen trotz schon kühler Temperaturen zum Baden genutzt wurde, und ein Grillabend, an dem noch einmal alle zusammenkamen.

Neben all den Eindrücken, die noch lange nach- und in den Musikschulalltag hineinwirken werden, steht vor allem Dankbarkeit für das Erlebte.

Jungen Menschen dabei zuzusehen, wie sie mühelos Entfernungen überwinden, gemeinsam musizieren und in einer fremden Sprache Freundschaften wachsen lassen, macht viel Freude und Hoffnung.

Das Jugendsinfonieorchester der Musik- und Kunstschule Jena hat sich auf, in und vor dem Schriftzug "Oulu" zu einem Gruppenbild versammelt
Jugendsinfonieorchester der MKS Jena in Oulu, Finnland ©Musik- und Kunstschule Jena

Ebenso ein großes „Kiitos“ – Dankeschön an Johanna Leponiemi, die in Oulu die Voraussetzungen für unseren Besuch geschaffen hat, an die Direktorin des Konservatoriums, Noora Tuominen für ihre zugewandte Begleitung des Ganzen sowie an Yvonne Krüger und die Kolleg:innen in der Verwaltung der MKS Jena, die jeden Start und jede Landung mitverfolgt haben, mitgefiebert und vorausgedacht haben. Neben allen weiteren Unterstützer:innen, die dieses Projekt möglich gemacht haben, gilt auch ein großer Dank dem Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, dem Verband deutscher Musikschulen e. V.,  dem Programm Erasmus+ sowie JenaKultur und dem Freundeskreis der Musik- und Kunstschule Jena,  welche das Projekt gefördert haben.

Und unser Dank geht an Esther Nickel, Lehrerin für Violine und Viola an der Musik- und Kunstschule Jena, die uns und Sie mit diesem Beitrag auf die Reise ins finnische Oulu mitgenommen hat!

Hätten Sie gedacht, dass eine Posaune einen extra Sitzplatz im Flugzeug bekommt? Oder in Oulu die jährliche Luftgitarren-Weltmeisterschaft stattfindet?
Doch am meisten begeistert doch, wie die Musik Freundschaft und Miteinander über Grenzen hinweg schafft. Ein tolles Projekt!

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