20 Jahre JenaKultur Allgemein Volkshochschule Jena

In herausfordernden Zeiten der Einstieg in eine seltene Konstruktion

VHS Hauptgebäude von außen mit Überschrift "20 Jahre JenaKultur vhs Jena"

Die Volkshochschule Jena ist seit 2005 eine Einrichtung des kommunalen Eigenbetriebes JenaKultur

Dass eine Volkshochschule Teil eines städtischen Eigenbetriebes ist, kommt in Deutschland eher sehr selten vor. Überwiegend sind kommunal getragene Volkshochschulen Einrichtungen innerhalb der Ämter für Schule, Kultur oder Bildung verortet. Und so war auch die Volkshochschule Jena nach 1989 zunächst dem Schulverwaltungsamt, dann dem Amt für Schule und Sport und seit 2003 dem Amt für Kultur und Bildung zugeordnet.

Diese strukturelle Einbindung hatte aber nicht lange Bestand, denn bereits 2004 gab es wiederum neue Überlegungen. Diese betrafen die Verortung der Kultur im engeren und der Kulturellen Bildung im weiteren Sinne. In der Diskussion stand die Gründung eines kommunalen Eigenbetriebes „Kultur und Marketing Jena“ – kurz JenaKultur genannt.

Allerdings standen auch finanzielle Aspekte hinter der Gründung des Eigenbetriebes. Unter der Führung der damaligen Amtsleiterin Dr. Margret Franz befassten sich die Einrichtungsleitungen mit möglichen (kommunalen) Modellen. Dazu nutzten sie auch ihre bundesweiten Vernetzungen. Schließlich favorisierten sie das Modell „Eigenbetrieb“.

Die Volkshochschule Jena stand also wiederum vor einer strukturellen Veränderung. Was würde dieser neuerliche Wechsel für die mittlerweile 85 Jahre junge Erwachsenenbildungseinrichtung mit so langer Tradition und historischer Strahlkraft über Jena hinaus bringen können? Welche Vor- und Nachteile ließen sich erahnen? Und hätte dieser Schritt tatsächlich das Potenzial, „ein Meilenstein in der Kulturgeschichte der Stadt“ zu werden (TLZ, 28.10.2004)?

Wie würde sich die vhs als originär eher den Begriffen „Bildung“ und „Weiterbildung“ verpflichtete Einrichtung in einem Eigenbetrieb mit dem Fokus auf „Kultur“ wiederfinden? Wie würde berücksichtigt, dass die vhs auch strukturell anders als die anderen Einrichtungen aufgestellt ist (z. B. wenige hauptberufliche Mitarbeiter:innen, sehr viele Honorarkräfte, viele Unterrichtsorte über die ganze Stadt verteilt)? So viele Fragen …

Diese betrafen natürlich nicht einfach nur die strukturelle Zuordnung, sondern vielmehr die Widerspiegelung und Erfüllung eines  Bildungsauftrages, der auch 2005 schon im Thüringer Erwachsenenbildungsgesetz festgeschrieben stand.

Daher verwundert es wohl nicht, dass in vorbereitenden Workshops mit potenziell beteiligten Einrichtungen seit Ende 2003 neben verheißungsvollen Zielen auch kritische Fragen beleuchtet und diskutiert wurden. Auch die Frage, inwieweit die einzelnen Marken (z. B. Städtische Museen, Musik- und Kunstschule Jena etc.) nach außen noch sichtbar sind oder ob alles nur noch unter „JenaKultur“ firmiert, wurde diskutiert. Mit der Einrichtung des Eigenbetriebes wurde zugleich auch in der Buchhaltung die Doppik eingeführt. Ein Schritt, der in den zentralen Bereichen der städtischen Verwaltungen (auch bundesweit) erst bis zum Jahr 2010 gegangen werden sollte. Die Einrichtungen von JenaKultur lernten also schon eher mit den tatsächlich anfallenden Kosten (z. B. auch Mieten für kommunale Räume und entsprechende Dienstleistungen) in ihren Haushaltsplänen umzugehen: von wegen, Kultur kann nicht mit Geld umgehen …

Räumlich, inhaltlich, strukturell, finanziell – wuselige, herausfordernde Zeiten waren das Anfang der 2000er Jahre für die vhs Jena.

Altes vhs Jena Gebäude mit Treppe wo Personen drauf stehen
Abschied aus der Friedrich-Wolf-Straße 2, 2005 | © vhs jena

Exemplarisch sei hier die permanente räumliche Herausforderung genannt. Und wenn es in der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum heißt: „Die Räumlichkeiten der VHS Jena – eine unendliche Geschichte“, dann gilt das für das Jahr 2005 in besonderer Weise. 2004 wurde beschlossen, dass Volksbad und das Gebäude der ehemaligen „Petersenschule“ künftig als „Zentrum für Kultur und Bildung“ genutzt werden sollen. Im Oktober 2005 erfolgte der Umzug von der im Norden der Stadt gelegenen Friedrich-Wolf-Straße nach 13 Jahren „Übergangslösung“ in die heutige Geschäftsstelle in der Grietgasse 17a im Zentrum der Stadt. Nach unendlichen Bauberatungen in Hinblick auf die besonderen Bedürfnisse einer Bildungseinrichtung für Erwachsene, war die vhs Jena in der Stadt auch räumlich endlich wieder wahrnehmbar.

Umbau Grietgasse 17a

Doch damit nicht genug: Neben vielen thematischen Innovationen stand seit 2004 auch die notwendige Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems als Voraussetzung für die Zuweisung von Fördermitteln auf dem Plan. Dieses wurde 2006 erstmalig testiert und fortan zum festen Bestandteil der jährlichen Aufgabenfülle.

So beschäftigte sich die vhs Jena in dieser Zeit also parallel mit ganz verschiedenen Fragestellungen, die schließlich auch im Eigenbetrieb ihren Platz finden mussten.

Kaum hatte der Eigenbetrieb seinen Betrieb aufgenommen, kam auch schon die erste Bewährungsprobe, denn das Land Thüringen kürzte die Zuschüsse für die Erwachsenenbildung empfindlich. Und hier zeigte sich sehr schnell ein wesentlicher Vorteil des neuen Konstruktes: eine gewisse finanzielle Verlässlichkeit und Planungssicherheit durch eine Zuschussvereinbarung. Durch diese konnten die Kürzungen weitestgehend aufgefangen werden.

Alle Einrichtungen können ihre Entwicklung in diesen 20 Jahren bestens präsentieren und werden in mindestens einem Punkt wohl zu einem ähnlichen Ergebnis kommen: Durch den steten Austausch mit den Kolleg:innen liegen weitere Synergien auf der Hand. Man weiß nicht einfach nur voneinander, von den geplanten Aktionen oder besonderen Veranstaltungen. Vielmehr können einrichtungsübergreifende Themen gemeinsam geplant und nicht sinnhafte Doppelungen im besten Falle vermieden werden. Auch wenn man als Einrichtungsleitung glaubte, die anderen Einrichtungen zu kennen, so brachten gerade Besuche und Führungen vor Ort im Rahmen der Dienstberatungen immer wieder Erstaunliches zutage.

Ein besonderer Höhepunkt gleich in der Startphase des Eigenbetriebes war die Bewerbung um den Titel „Stadt der Wissenschaft 2008“. Federführend durch JenaKultur war es ein wunderbares Erlebnis, mit ganz vielen Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung, Verwaltung und Kultur gemeinsam dieses Jahr in und für Jena zu gestalten.

Schauen wir nun noch einmal auf die Entwicklung der vhs in den letzten fünf Jahren und greifen die „unendliche Geschichte“ der Raumfrage auf. Die permanente Raumknappheit, insbesondere am Vormittag bis in den frühen Abend hinein, entwickelte 2022 eine besondere Brisanz: Sprach- und kulturbezogene Förderprojekte im Zuge der Fluchtbewegungen nach dem Angriff auf die Ukraine konnten nur unter größten finanziellen und organisatorischen Anstrengungen platziert werden. Dies verdeutlichte die Raumnot der vhs Jena — ohne eine Anzahl nennenswerter eigener am Vormittag nutzbarer Seminarräume — plötzlich noch einmal dramatisch.

Und auch hier war es nicht zuletzt die Einbindung in den Eigenbetrieb, die es in relativ kurzer Zeit ermöglichte, eine besondere Gelegenheit beim Schopfe zu packen: die Anmietung des vhs-Seminarzentrums in der Grietgasse 6 in unmittelbarer Nähe der Geschäftsstelle. Was wären wir heute ohne dieses Seminarzentrum, durch das bspw. dem steigenden Bedarf an Schulabschlusskursen begegnet werden kann?

Eingangsbereich Volkshochschule Jena
Eingang Grietgasse 6 | © vhs Jena

Die Volkshochschule ist ein Ort der Begegnung, des Austauschs, ein Spiegel gesellschaftlicher Realitäten und nicht zuletzt ein Ort, an dem Bildung und gesellschaftliche Teilhabe nicht nur gedacht, sondern permanent gelebt und vom kompetenten und engagierten Team entwickelt werden.

Der ProbierLaden als jüngstes Projekt der vhs Jena im Rahmen der Smart-City-Strategie der Stadt Jena zeugt davon und ist ein Leuchtturm digitaler Grundbildung, der jetzt schon weit über die Grenzen der Stadt und Thüringen hinaus strahlt.

Und an diesem Beispiel wird einmal mehr deutlich, wie wichtig eine öffentliche Wahrnahme des Veranstaltungsortes ist. Vielleicht können wir, wie zum 90-jährigen Jubiläum, auch jetzt wieder einmal träumen: Wie wäre es, wenn mit neu aufkommenden Überlegungen zur Stadtentwicklung ein Kultur- und Bildungszentrum, z. B. im Verbund von Volkshochschule und Kunsthaus, entstünde?

ProbierLaden Jena (links) | Die Crew der Verantwortlichen (rechts)

In den letzten Jahren konnte auch auf dem Gebiet der Politischen Bildung viel erreicht werden.

In dieser Tradition sieht sich die Volkshochschule Jena und wird auch weiterhin ein besonderer, demokratischer und weltoffener Ort mit Blick auf die Bildungsbedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger der Stadt sein.

Bleiben Sie gespannt und verfolgen Sie gern die Entwicklung der vhs Jena.

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