JenaKultur (übergreifend) Kultur in Jena Kulturpreise & Stipendien

Jenaer Dramatikpreis, benannt nach Jakob Michael Reinhold Lenz, wird zum 9. Mal verliehen

JMR-Lenz-Preis für Dramatik der Stadt Jena

Es ist in diesem Jahr das neunte Mal, dass Jena seinen Dramatikpreis vergibt. 1997 war er per Stadtratsbeschluss installiert worden, und er hatte das Ziel, das damals junge, besondere Jenaer Theaterexperiment flankierend zu unterstützen. Letzteres hat sich über die Jahre zu einem überaus erfolgreichen Projekt gemausert; zahlreiche Auszeichnungen gerade in der letzten Zeit unterstreichen das eindrucksvoll. Und der Dramatikpreis, der nach Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792) benannt wurde und damit auch bewusst einen Kontrast zur Goethe- und Schillerverehrung in Weimar setzen wollte, hat nach unserer Überzeugung auch ein winziges Scherflein zur positiven überregionalen Wahrnehmung des Hauses und natürlich unserer Lichtstadt beigetragen. Jedenfalls arbeiten die Stadt, respektive JenaKultur, und das Theaterhaus Jena (THJ) seit nunmehr 27 Jahren in diesem Punkt konstruktiv zusammen.

Bei jeder Ausgabe, in der Regel alle drei Jahre,  hat sich der Preis sozusagen neu erfunden, und so ist es gelungen, an aktuellen Theaterentwicklungen dran zu bleiben und dem Publikum jeweils ganz neue Perspektiven zu eröffnen. Nach zwei Ausgaben – 2017 und 2021 –, die sehr politisch gedacht waren, wurden diesmal explizit Konzepte für Texte gesucht, die wiederum sehr offen gedacht werden konnten.

So gab es eine Vorschlagsjury, die Autor:innen vorgeschlagen hat, die sich mit einer Projektskizze und zwei ausgearbeiteten Szenen beteiligen konnten. Bedingung war, dass die Nominierten einen wie auch immer gearteten Bezug zu den „neuen Bundesländern“ aufweisen (d.h. entweder sich dort länger aufgehalten haben, dort aufgewachsen sind oder in ihrer Arbeit sich damit beschäftigt haben oder im Preisträger-Konzept damit befassen).

Vier Autor:innen bzw. vier Projektskizzen standen so schlussendlich zur Diskussion:

  1. LAURA N. JUNGHANNS

Vorgeschlagen von Antje Schupp, vormalige Lenz-Preisträgerin

Kurzvita Laura N. Junghanns: Laura N. Junghanns, 1991 im geografischen Osten Deutschlands geboren, ist Regisseurin, Autorin und Musikerin. Sie studierte Regie an der Folkwang Universität der Künste im Ruhrgebiet und ist seit 2016 als freie Theatermacherin an Staats- und Stadttheatern, sowie in der freien Szene tätig. Seit 2023 ist sie Teil von rua. Kooperative für Text und Regie. Ihre künstlerische Arbeit ist ein Schmelztiegel interdisziplinärer Einflüsse, welche das Theater und vor allem das Theatermachen als Kollektivkunst versteht. Inhaltlich getrieben vom politischen Selbstverständnis nach gesellschaftlicher (Mit-)Verantwortung, ist es ihr ein Anliegen, künstlerisch jeden von Menschen vergoldeten Status kritisch zu hinterfragen – außer den des Vielfahrers bei der Bahn.

eingereicht: Das blaue Haus

  1. ALLEX. FASSBERG

Vorgeschlagen von Tobias Schuster (Dramaturg und seit 2020 Teil des Künstlerischen Leitungsteams der Münchner Kammerspiele).

Kurzvita Allex. Fassberg: Allex. Fassberg lebt seit 10 Jahren in Deutschland, schreibt Theatertexte und ist im Bereich Dramaturgie tätig. Fassberg studierte Theater- und Geisteswissenschaften sowie Dramaturgie und nahm am UniTs Schreiblehrgang FORUM Text teil. Fassbergs Schreiben hat den Retzhofer Dramapreis 2017, den Gargonza Arts Award 2020 sowie den Münchner Förderpreis für deutschsprachige Dramatik 2021 gewonnen. Zu Fassbergs Texten gehören u.a: „Meine Nackte Existenz“ (2023), „In the Name of“ (2021), „Am Styx“ (2020), „Momente wie Sally“ (2019), „Etwas Kommt Mir Bekannt Vor“ (2017) und „Olive Trees“ (2016). Zusammen mit Franziska Füchsl übersetzt Fassberg derzeit die Gedichte von Abba Kovner.

eingereicht: History Drought

  1. KAŚKA BRYLA

Vorgeschlagen von Heike Geissler (in Leipzig lebende Schriftstellerin)

Kurzvita Kaśka Bryla: Kaśka Bryla wurde in Wien geboren und ist zwischen Wien und Warschau aufgewachsen. Sie studierte Volkswirtschaft in Wien, Szenisches Schreiben an der UDK in Berlin und Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig, wo sie 2015 das Autor:innennetzwerk und die Literaturzeitschrift PS – Politisch Schreiben mitbegründete in deren Redaktion sie bis heute ist. Ihre Theaterarbeit realisiert sie in der freien Szene. Ihre letzten Stücke wurden 2023 „Im Herzen der Krähen“ im Werk X-Petersplatz in Wien und „Im Osten nichts Neues oder Wer wem den Hintern auswischt“ in Dresden Hellerau inszeniert. Die Romane „Roter Affe“, und „Die Eistaucher“ erschienen im Residenz Verlag. Unter ihren Stipendien und Auszeichnungen finden sich der Österreichische Exil-Preis, das Österreichische Startstipendium, das Wiener Literaturstipendium 2022 und aktuell das Langzeit Projektstipendium des Österreichischen Bundesministeriums.

eingereicht: Das Uterus-Projekt

  1. PATTY KIM HAMILTON

Vorgeschlagen von Lamin Leroy Gibba (Schauspieler, Drehbuchautor und Filmproduzent)

Kurzvita Patty Kim Hamilton: Patty Kim Hamilton studierte an der Stanford University und an der Universität der Künste Berlin. Sie lehrt, schreibt, arbeitet dramaturgisch und führt Regie. Ihre Stücke „Peeling Oranges“ und „Sex Play“ (engl.: Re: Jane Doe) gewannen mehrere Preise. In der Spielzeit 23/24 ist sie Hausautorin der ATT Ateliers am Deutschen Theater Berlin. Ihre Theaterstücke werden vom Suhrkamp Verlag vertreten.

eingereicht: Wüstenmütter

 

Am Montag, dem 27. Mai 2024, 20 Uhr, wird auf der Hauptbühne der Preis vergeben: er geht an Laura N. Junghanns, die natürlich auch da sein wird. Die fünfköpfige Auswahljury hat sich für ihre assoziationsreiche Projekskizze DAS BLAUE HAUS entschieden. In der interessanten Verknüpfung von Realem und Surrealem, abgehandelt an einem althergebrachten Plot rings um mehrere Generationen einer biologischen Familie, die in einem alten Haus aufeinandertreffen, findet die Autorin starke Bilder für eine nicht verarbeitete, nie abgeschlossene Geschichte, die in die deutsche Gegenwart einsickert und droht, sie unbewohnbar zu machen. Insofern greift der Text Politisches im Privaten, Globales im Lokalen auf und lässt gleichzeitig Raum für zahlreiche Les- und Spielarten. Die originellen experimentierfreudigen Dialoge changieren virtuos zwischen floskelhafter, geschredderter Alltagsrede und rhythmisierter Poesie. So bieten sich viele interessante Ansatzpunkte für eine Inszenierung.

Der Jury gehörten Vertreter:innen der derzeitigen und der künftigen künstlerischen Leitung des Theaterhaus Jena an: Hannah Baumann hatte zudem die Kuratorentätigkeit für den gesamten Wettbewerb. Daniele Szeredy wird sich darum bemühen, dass der bis Dezember 2024 fertig zu stellende Text dann auch möglichst in der Spielzeit 2025/26 in Jena inszeniert werden wird.

Daneben waren Olivia Wenzel, Kathrin Röggla und von JenaKultur Birgit Liebold in der Jury. Nach drei Beratungsterminen fiel die Entscheidung schließlich einstimmig.

Die Preisverleihung ist öffentlich und kostenfrei.

Das Publikum kann sich auf eine Lesung aus dem prämierten Projekt freuen. Moderiert wird der Abend von Didine von Platenvlotbrug, queere Aktivistin und Drag Queen, und musikalisch begleitet von der Theaterhaus-Band.

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