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Schulabschluss an der vhs Jena: Impressionen einer besonderen Zeugnisübergabe

Schulabsolvent*innen an der vhs Jena

Seit über 60 Jahren bietet die Volkshochschule Jena (vhs) den sogenannten „2. Bildungsweg“, das Nachholen von Schulabschlüssen an. Hier konnte man bereits zu DDR-Zeiten den Abschluss der 8. Klasse, 10. Klasse oder das Abitur in der Abendschule absolvieren. Nach 1990 waren vor allem der Realschulabschluss und das Abitur gefragte Angebote. So haben z. B. in den letzten 10 Jahren ca. 150 Teilnehmende diese Kurse besucht und größtenteils erfolgreich abgeschlossen.

Josie-Ophelia Romeyke, Freiwillige im Kulturellen Jahr an der Volkshochschule Jena, teilt ihre Eindrücke von einer etwas anderen Zeugnisübergabe.

Wenn man an eine Abiturzeugnisausgabe denkt, hat man Bilder von einer großen Veranstaltung im Kopf, mit vielen Menschen und tollen Kleidern. Dass das auch anders geht, beweist die Zeugnisausgabe der Volkshochschule vom 14. Juli 2020.

Fernab von all dem Prunk und Protz, den die „großen“ Zeugnisausgaben und die Abi-Bälle mit sich bringen, erhielten an diesem Dienstag acht junge Menschen ihre Abschlusszeugnisse, von denen fünf anwesend sein konnten. Im Grünen stehend, über das ganze Gesicht strahlend, war die Freude nicht nur bei den Schulabschließenden groß. Auch die Dozenten, welche die sechs Abiturienten und Abiturientinnen sowie die beiden Hauptschulabschließenden 2 Jahre lang begleitet haben, schienen sehr glücklich darüber, dass ihre Schüler und Schülerinnen nun endlich das Ergebnis ihrer harten Arbeit in den Händen hielten.

Meine Kollegin Lara und ich waren im Vorfeld mit der Aufgabe betraut, alles zu besorgen und vorzubereiten, um einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung zu ermöglichen. So waren wir Dienstagvormittag damit beschäftigt, Präsenttüten zu befüllen, die bestellten Blumen abzuholen, Getränke zu kaufen und das Geschirr zusammen zu packen. Um 15:30 Uhr machten wir uns gemeinsam mit Frau Dr. Anding und Frau Zeise auf den Weg zum Carl-Zeiss-Gymnasium, welches uns freundlicher Weise die als „Ökopark“ bezeichnete Grünanlage zur Verfügung stellte. Bereits eine halbe Stunde später war der Park eingerichtet: Stühle wurden unter Einhaltung der Abstandsregeln aufgestellt, zwei Tische waren mit Getränken und Gläsern für den Umtrunk bestückt, daneben positionierten wir die oben erwähnten Präsenttüten. Das alles begleitet von dem Zwitschern der Vögel und einem sanften Wind. Die im Halbkreis aufgestellten Stühle bildeten zusammen mit einem großen Baum, der gegenüber stand, eine Bühne im Grünen. Schon an diesem Punkt fand ich das Ambiente sehr angenehm und entspannend. Aus meiner Sicht ist es eine großartige Idee, solche Veranstaltungen nach draußen zu verlegen – besonders in diesen Zeiten und wenn man nicht in der prallen Sonne stehen muss.

Da wir schneller fertig waren als gedacht, blieb uns tatsächlich noch etwas Zeit, um eine Pause einzulegen und das tolle Wetter zu genießen. Nach und nach trudelten schließlich auch die Gäste ein.

Musikalische Umrahmung und viel Wertschätzung

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch ein Musikstück auf dem „ES-Horn“, vorgetragen von Annabell Voigt und Theresa Fischer. Beide haben in diesem Jahr ebenfalls ihr Abitur abgelegt. Daraufhin folgte die Eröffnungsrede der Leiterin der Jenaer Volkshochschule, Frau Dr. Angela Anding. Sie würdigte die Herausforderung und Leistung der Schüler und Schülerinnen sowie ihrer Dozenten gebührend. Zu jedem Zeugnis gab es, in alter Tradition, eine Rose dazu. Mich persönlich hat es sehr gefreut, dass die junge Frau, die ihren Hauptschulabschluss errungen hat, gleichzeitig einen „qualifizierenden Hauptschulabschluss“ schaffte. Ich bin ihr ab und zu in unserem vhs-Gebäude begegnet. Jedes Mal bemerkte ich ihre Leidenschaft und Hingabe für das Lernen. Auch ihre Entschlossenheit beeindruckte mich sehr. Mit diesem Eindruck schien ich nicht die Einzige zu sein. Bei der Übergabe ihres Zeugnisses fanden eben diese Eigenschaften weitere Male Erwähnung. Herr Frank, der Vorsitzende der Prüfungskommission und Herr Klauer, Rektor der Galileoschule, übergaben mit einer kleinen Ansprache die Zeugnisblätter. Es war nicht zu überhören, wie auch sie die enorme Anstrengung der Absolventen, deren Leidenschaft und Durchhaltevermögen würdigten.

Nachdem alle Zeugnisse vergeben waren, wurden die Dozenten unter den großen Baum gebeten. Sie erhielten eine prächtige Sonnenblume, eine Schachtel „Merci“ und dazu viel Applaus.

Abgeschlossen wurde der offizielle Teil mit einer weiteren Musikeinlage von den beiden Musikerinnen. Währenddessen begannen Lara und ich, die Gläser wahlweise mit erfrischendem Wasser oder prickelndem Sekt zu füllen. Im Namen der Schüler und Schülerinnen stießen wir alle gemeinsam an, wobei ich an mein Abitur zurückdachte, welches ich letztes Jahr gemacht habe. Auch ich musste es nachholen, habe dafür allerdings ein berufliches Gymnasium besucht, also eine Vollzeitschulform. Dazu möchte ich sagen, dass das für mich schon sehr zeit- und energieaufwändig war: das letzte Schulhalbjahr hat wirklich viel Kraft gekostet. Umso glücklicher war ich, als es schließlich vorbei war. Dabei musste ich mich jedoch „nur“ um die Schule kümmern und hatte nicht zusätzlich noch eine Familie mit Kindern zu versorgen oder einer Arbeit nachzugehen. So kann ich mich auch nur noch einmal wiederholen, wenn ich sage: Die Schüler und Schülerinnen der vhs-Schulabschlussklassen haben hier wirklich eine großartige Leistung vollbracht, auf die sie mächtig stolz sein können. Lara sieht das ähnlich. Sie machte letztes Jahr ihren Realschulabschluss und meinte: „Nicht jeder ist dazu bereit und in der Lage, sich 2 Jahre lang nach Feierabend noch einmal in die Schule zu setzen, um einen Abschluss nachzuholen“.

Abschließend witzelten und unterhielten wir uns mit den frisch gebackenen Schulabgängern und Schulabgängerinnen. Typischerweise ging es um Zukunftspläne und Anekdoten aus unserer Schulzeit. Zudem bekamen wir sehr viel Lob für den Orangensaft, den wir zusätzlich zu Sekt und Wasser anboten. Das überraschte mich ziemlich, da ich nicht damit rechnete, für so etwas Einfaches so viel Dank zu erhalten.

Nach und nach leerte sich nicht nur der viel gelobte Orangensaft, sondern auch die anderen beiden Getränke gingen zur Neige. Langsam begann die Veranstaltung also sich aufzulösen. Viele wollten ihren Erfolg schließlich noch mit ihren Freunden und Familienmitgliedern feiern. Dennoch waren einige der Abiturienten so freundlich, uns beim Abbau zu helfen. Innerhalb von fünfzehn Minuten waren Tische und Stühle wieder in ihrem angestammten Raum, die Gläser in Kisten verstaut, und alles wurde zum Auto getragen. Als Dank für unsere Hilfe wurden Lara und ich noch bis zum Westbahnhof gefahren, um von dort in unseren wohlverdienten Feierabend zu fahren.

Kannten Sie das Angebot, an der Volkshochschule Jena Schulabschlüsse nachzuholen? Vielleicht kennen auch Sie jemanden, der diese Herausforderung gemeistert hat? Wir freuen uns – wie immer – über Ihr Feedback!

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