Allgemein Wie Beiträge zu bezahlen sind

Thüringer SPD und Grüne skeptisch, ob Beitragsabschaffung noch vor der Landtagswahl kommt

Tiefbauarbeiten / Straßenbau in Jena. Man sieht eine aufgerissene Straße mit verschiedenen Erdstoffen udn Schotter. Darin befindet sich eine Versorgungsleitung. Die Baustelle ist mit Gittern und Flatterband abgesichert.- Symbolfoto © KSJ

SPD und Grüne geben sich als Mitglieder der rot-rot-grünen Landesregierung zurückhaltend bezüglich der von der Partei Die Linke im Thüringer Landtag in Aussicht gestellten kompletten Abschaffung der Straßenausbaubeiträge im Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG) bereits zum Jahreswechsel 2018 / 2019.

Der kommunalpolitische Experte der Linkspartei im Thüringer Landtag, Frank Kuschel, hatte dies auf einer Versammlung des Vereins „Bürgerallianz gegen überhöhte Kommunalabgaben“ vor Kurzem als Möglichkeit in Aussicht gestellt und gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk in der Sendung „MDR Thüringen“ für diesen Herbst einen entsprechenden Gesetzesentwurf angekündigt.

Kuschels Gegenpart, die SPD-Kommunalexpertin Claudia Scheerschmidt, erklärte gegenüber dem MDR, es handele sich bei dieser Aussage um eine Einzelmeinung. In der Regierungskoalition sei noch nichts abgesprochen, sagte sie, denn auch die Grünen würden es nicht als zwingend erachten, dass die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen noch in dieser Wahlperiode abgeschafft werde. Kuschel selbst relativierte seine Aussagen inzwischen gegenüber dem MDR und erklärte, die aktuelle rot-rot-grüne Gesetzregelung zur Beitragserhebung im ThürKAG könne auch insofern geändert werden, dass die Kritikpunkte des Gemeinde-und Städtebundes berücksichtigt würden.

Hierzu erklärte der Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen (GStB-T), Ralf Rusch, im Mitteldeutschen Rundfunk, dass es dem GStB-T vor allem darum gehe, Ungerechtigkeiten des Gesetzes aus dem Jahr 2017 zu beheben. Gegen die Abschaffung der Beiträge hätten die Kommunen nichts einzuwenden, sofern folgende Punkte gewürdigt würden:

1.) jährliche Erstattung sämtlicher Einnahmeausfälle durch den Freistaat
2.) Beibehaltung der Beitragserhebung von 1991 bis zur Gesetzesänderung
3.) eine Regelung im ThürKAG, die verhindere, dass Kommunen überzogenen Erwartungen ihrer Einwohner zum Straßenausbau nachkommen müssten.

Rainer Sauer, Leiter der Abteilung Beiträge beim Kommunalservice Jena, erläutert:

– damit Haushaltspläne genehmigungsfähig bleiben, hat das Land den Gemeinden sämtliche finanziellen Ausfälle einer Abschaffung der Straßen(aus)baubeitragserhebung zu erstatten. Laut Berechnungen im Thüringer Innenministerium geht es hierbei um etwa 25 Millionen Euro pro Jahr. Dies wären mithin rund eine viertel Milliarde Euro pro Jahrzehnt.

– Gesetze haben Rechtskraft, so lange sie bestehen. Neue Gesetze gelten immer in die Zukunft und können keine rückwirkende Rechtswirkung entfalten. Daher sind noch nicht gezahlte Straßen(aus)baubeiträge der Jahre ab 1991 selbst bei einer Gesetzesänderung von den betreffenden Kommunen trotzdem zu erheben. Siehe auch Art. 3 Absatz 1 des Grundgesetzes („ius respicit aequitatem“).

– Beitragsrückerstattung macht Sinn, denn wer (möglicherweise in ein und derselben Straße) vor der Gesetzesänderung Beiträge zu entrichten hatte, dürfte sich massiv benachteiligt fühlen gegenüber Nachbarn, die später nichts mehr zu bezahlen haben, Auch hier greift auch der Gleichheitsgundsatz des Grundgesetzes nach Art. 3.

– es ist davon auszugehen, dass es bei Thüringer Kommunen zu einer Flut von Forderungen kommt, Straßen auszubauen, sobald Grundstückseigentümer dafür nicht mehr selbst zahlen müssten. Deshalb ist die Forderung des GStB-T sinnvoll und angemessen.

Die Wünsche des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen werden inzwischen auch von der Landes-SPD unterstützt. Angesichts eines jüngst vorgestellten Gutachtens des GStB-T erklärte Wolfgang Tiefensee als Landesvorsitzender der Thüringer Sozialdemokraten, seiner Meinung nach müsse erst in Ruhe geklärt werden, was mit den bereits in den vergangenen Jahrzehnten von Anwohnern gezahlten Straßenausbaubeiträgen passiert.

Eine rückwirkende Erstattung bereits gezahlter Beiträge lehnt die Regierungskoalition derzeit ab, weil dies das Land zusätzlich einen dreistelligen Millionenbetrag kosten würde.

Außerdem vertritt Tiefensee die Meinung,  Straßenausbaubeiträge könnten ausschließlich für Maßnahmen abgeschafft werden, über deren Durchführung nach dem 31.12.2019 entschieden wurde oder wird. Jedoch sollten seiner Ansicht nach, die Regelungen des geltenden Kommunalabgabengesetzes, wonach nur Gemeinden, die bestimmte Kriterien erfüllen, auf eine Beitragserhebung verzichten dürfen, aufgehoben werden. / SvM

In Jena werden seit 1991 Erschließungs und Straßen(aus)baubeiträge erhoben. Die Abteilung Beiträge am Standort Löbstedter Straße 68 gehört nach der Umstrukturierung des Dezernats Stadtentwicklung seit 01.01.2011 zum Kommunalsevice Jena. Die Mitarbeiter dieser Abteilung sind kompetente Ansprechpartner für die Bürger der Stadt Jena in allen Fragen zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen sowie des Erschließungsbeitrages, wobei diese Beiträge für die Stadt Jena und im Auftrag des Oberbürgermeisters erhoben werden. Wir sind Informationsstelle für Grundstückseigentümer, die von der Stadt Jena an den Kosten der Erneuerung oder Verbesserung ihrer Straße beteiligt werden oder noch beteiligt werden sollen und stellen auf Wunsch Bescheinigungen aus, ob solche Beiträge in der Vergangenheit gezahlt wurden oder nach ausstehen. Interessierten Bürgern werden die Schemata der Beitragsberechnung in Jena erläutert und sie erhalten Antwort auf oft gestellte grundsätzliche Fragen. Zudem können die beiden maßgeblichen Gesetze "Baugesetzbuch" und "Thüringer Kommunalabgabengesetz" nachgelesen werden, dazu die Ortssatzungen zum Beitragsrecht und die maßgebliche Rechtsprechung. Hinweis: Die Gesetzesänderung zur Abschaffung der Straßenbaubeitragserhebung in Thüringen ab dem 01.01.2019 geht einher mit gesetzlichen Regelungen, dass solche Beiträge für Verkehrsanlagen, die vor dem 01.01.2019 fertig gestellt worden sind, trotzdem noch zu erheben sind und von den Beitragspflichtigen gezahlt werden müssen.

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