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Einige Bemerkungen zu Meinungen der Piraten im Jenaer Stadtrat bezüglich der „Lützowstraße“

Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses im Plenarsaal des Rathauses - Symbolbild © Stadt Jena KSJ
Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses im Plenarsaal des Rathauses – Symbolbild © Stadt Jena KSJ

In Deutschland genießt die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit unser aller Respekt. Deshalb möchte und kann ich einen Bericht der Piraten im Stadtentwicklungsausschuss (SEA) – Frau Dr. Heidrun Jänchen als Mitglied der Zählgemeinschaft FDP/Piraten im Jenaer Stadtrat und Herr Frank Cebulla als von der Partei der Piraten in den SEA entsandter Sachkundiger Bürger – nicht richtigstellen sondern ihn aus meiner Sicht, als Leiter der Abteilung Beiträge im Kommunalservice Jena (der auch in dem Bericht erwähnt wurde) mit kommentierenden Anmerkungen versehen.

1.) Frau Dr. Heidrun Jänchen schreibt: „Wir müssen nachsitzen, weil der SEA das letzte Mal den falschen – kostenparenden – Beschluss gefasst hat. Diesmal erklärt man uns, warum es auf gar keinen Fall so geht.“

„Nachsitzen“ versteht sich im schulischen Sinne als eine Art Bestrafung für ein Fehlverhalten. Von einem „Nachsitzen“ kann aus meiner Sicht keine Rede sein, wenn ein Ausschuss des Jenaer Stadtrates einen Beschluss fasst, der die Verwaltung zum Handeln verpflichtet, welches diese aber aus ihrer Sicht nicht vollziehen kann. In einem solchen Fall hat sie die Pflicht, im entsprechenden Ausschuss dieses Thema noch einmal auf die Tagesordnung zu bringen.

Straßenbaufachbuch DER ELSNER - Foto © Stadt Jena KSJ
Straßenbaufachbuch „Der Elsner“ Ausgabe 2013 – Foto © Stadt Jena KSJ

2.) Frau Dr. Jänchen schreibt weiter: „Die RASt06 (Anmerkung für Unkundige: Dies sind die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen) ist zwar kein Gesetz, sondern nur eine Richtlinie, aber im Gegensatz zu Empfehlungen des Bundesamtes für Naturschutz tut man da so, als könnte man unmöglich dagegen verstoßen. Und das heißt, dass ein Straßenstück mit genau drei anliegenden Häusern auf 4,50 m aufgeweitet werden muss.“

Selbstverständlich sind die RASt06 kein Gesetz. Dennoch haben sich die von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) im Arbeitsausschuss „Stadtstraßen“ erarbeiteten Richtlinen (die frühere Richtlinien wie die „Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen“ EAE 85/95 oder die „Empfehlungen für die Anlage von Hauptverkehrsstraßen“ / EAHV ersetzt haben) in der Straßenverkehrsrechtsprechung zu einem verbindlichen Regelwerk des Straßenbaus entwickelt.

3.) Außerdem berichtet die Stadträtin: „Das untere, nach Verlegungen durch die Stadtwerke eigentlich wiederhergestellte Stück soll unbedingt auch grundhaft ausgebaut werden, weil es bereits minimale Schäden gibt und man davon ausgeht, dass es keine 40 Jahre mehr hält. (…) Und nur deshalb muss ein Straßenstück, das vielleicht noch zehn Jahre halten könnte, aufgebaggert werden. So viel zum Thema Nachhaltigkeit.“

Der Kommunalservice Jena hat im Stadtentwicklungsausschuss Fotos von Rissen in der Fahrbahn des unteren Teils der Straße gezeigt, die belegen, dass die Stadtwerke seinerzeit die Straße eben nicht regelgerecht aufgebaut haben (was auch nicht ihr Auftrag war) und die normale Benutzung der Straße in den letzten sechs Jahren bereits zu den belegten Rissen geführt hat. Es ist jedoch erfreulich, dass auch Frau Dr. Jänchen der Meinung ist, dass die Straße im unteren Teil wahrscheinlich im Jahre 2026 grundhaft erneuert werden muss.

Eine Straße, die 2017 erneuert wird und dann mindestens vierzig Jahre „hält“ (was sie verspricht) ist aus Sicht des Kommunalservice in der Tat als ein guter Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit zu sehen.

Der untere Teil der Luetzowstraße im Sommer 2015 - Foto 1 © Stadt Jena KSJ
Der untere Teil der Luetzowstraße im Sommer 2015 – Foto © Stadt Jena KSJ

5.) Schließlich erklärt Frau Dr. Jänchen ihren Lesern: Ortsteilbürgermeister Michael Müller beklagt die fortwährende Missachtung seines Ortsteilrates im Verfahren. Man hat ihn wissen lassen, der OTR könnte gern hilfreiche Vorschläge im Sinne der Planung von KSJ machen, aber entscheiden könnte man das allein. Der Ausschuss ist auch kollektiv verärgert, weil er aus der Presse erfahren musste, dass KSJ seinen Beschluss für ’nicht vollzugsfähig‘ hält. Schlechter Umgang sei das, hört man von allen Seiten, Koalition eingeschlossen.“

Keine Frage: Der dienstliche Umgang des KSJ im Gesamten sowie der Abteilung Beiträge im Speziellen mit dem Ortsteilrat Lichtenhain kann immer noch ein wenig weiter verbessert werden. Gleiches gilt umgekehrt, denn auch der Kommunalservice Jena musste hier manche Dinge erst aus der Presse erfahren.

Nicht vergessen darf man hierbei aber: Wir waren bereits in der Angelegenheit Lützowstraße mit Werkleiter und gleich drei Abteilungsleitern vor Ort, bevor noch der erste Beschluss in einen Ausschuss des Stadtrates eingebracht worden war. Zwischenzeitlich kamen weitere Veranstaltungen zur Lützowstraße vor Ort in Lichtenhain hinzu. Wünschenswert wäre es natürlich (dies ist aber leider in der Praxis nicht möglich), ständig in Ortsteil-Gremien präsent zu sein. Man darf dabei jedoch aus meiner Sicht nicht vergessen, dass diese hier allein beratende Funktion haben: Die Entscheidungen werden im SEA getroffen. Zudem gehen wir in Kürze ein viertes Mal zum Ortsteilrat um zur Lützowstraße Rede und Antwort zu stehen. Dies ist, bezogen auf die Tatsache, dass es hier noch nicht einmal einen Beschluss gibt, dass Beiträge zu erheben sind (= man sich also immer noch im gesetzlichen Vorverfahren des § 13 ThürKAG befindet), ein Novom für die Stadt Jena. Hier uns von Seiten einer Partei, die im Jenaer Stadtrat vertreten ist, eine „fortwährende Missachtung“ des OTR Lichtenhain zu konstatieren, ist aus meiner Sicht eine überzogene und recht einseitige Sicht der Dinge.

Rainer Sauer ist Leiter der Abteilung Beiträge im Kommunalservice Jena - Foto © privat
Rainer Sauer ist Leiter der Abteilung Beiträge im Kommunalservice Jena.

6.) Abschließend schreibt die Stadträtin noch: „Die Vorstellungen von Bürger- bzw. Ortsteilratsbeteiligung sind wieder einmal erschütternd. Herr Sauer von KSJ meint, es sei ausreichend nachzuweisen, dass man sich entsprechende Gedanken gemacht hat.“

Diese Äußerung kann ich so weder nachvollziehen noch unterstützen, da ich zu diesem Thema während der rund 150 Minuten, in denen der Tagesordnungspunkt behandelt wurde, insgesamt etwa 8 1/2 Minuten gesprochen habe. Die gewählte Darstellung ist zwar im Sinne der erwähnten Meinungsfreiheit durchaus legitim, stellt jedoch aus meiner Sicht eine vereinfachende Verknappung meines Redebeitrags zu § 7 Absatz 2 des Thürnger Kommunalabgabengestzes dar, den ich gerne demnächst hier im Blog und natürlich auch gegenüber den Lichtenhainer Lesern, die nicht im Ausschuss mit dabei waren, auflösen würde.

gez.

Rainer Sauer

Leiter der Abteilung Beiträge im Kommunalservice Jena

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Hinweis: Siehe zum Thema auch diesen Artikel der OTZ vom 01.03.2016!

 

In Jena werden seit 1991 Erschließungs und Straßen(aus)baubeiträge erhoben. Die Abteilung Beiträge am Standort Löbstedter Straße 68 gehört nach der Umstrukturierung des Dezernats Stadtentwicklung seit 01.01.2011 zum Kommunalsevice Jena. Die Mitarbeiter dieser Abteilung sind kompetente Ansprechpartner für die Bürger der Stadt Jena in allen Fragen zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen sowie des Erschließungsbeitrages, wobei diese Beiträge für die Stadt Jena und im Auftrag des Oberbürgermeisters erhoben werden. Wir sind Informationsstelle für Grundstückseigentümer, die von der Stadt Jena an den Kosten der Erneuerung oder Verbesserung ihrer Straße beteiligt werden oder noch beteiligt werden sollen und stellen auf Wunsch Bescheinigungen aus, ob solche Beiträge in der Vergangenheit gezahlt wurden oder nach ausstehen. Interessierten Bürgern werden die Schemata der Beitragsberechnung in Jena erläutert und sie erhalten Antwort auf oft gestellte grundsätzliche Fragen. Zudem können die beiden maßgeblichen Gesetze "Baugesetzbuch" und "Thüringer Kommunalabgabengesetz" nachgelesen werden, dazu die Ortssatzungen zum Beitragsrecht und die maßgebliche Rechtsprechung. Hinweis: Die Gesetzesänderung zur Abschaffung der Straßenbaubeitragserhebung in Thüringen ab dem 01.01.2019 geht einher mit gesetzlichen Regelungen, dass solche Beiträge für Verkehrsanlagen, die vor dem 01.01.2019 fertig gestellt worden sind, trotzdem noch zu erheben sind und von den Beitragspflichtigen gezahlt werden müssen.

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