Am Ende ging alles ganz schnell: Nach nur knapp 80-minütiger Beratung änderte am heutigen Nachmittag der Thüringer Landtag das seit August 1991 bestehende Kommunalabgabengesetz und beschloss damit die Abschaffung der zukünftigen Erhebung von Straßen(aus)baubeiträgen.
Zuvor gab Steffen Dittes als Berichterstatter die Beschlussempfehlung des Innen- und Kommunalausschusses bekannt. Danach wies Wolfgang Fiedler (CDU) als erster Redner auf die noch offenen Fragen des „Reparaturversuchs“ am ThürKAG hin – wie er das 10. Änderungsgesetz nannte -, der Unzulänglich- und Ungerechtigkeiten erzeuge und noch unausgegoren sei. In ein und derselben Straße müssten mit der Gesetzesänderung bestimmte Anlieger noch weiter Beiträge zahlen, während andere von nun ab beitragsfrei blieben. Bis zur letzten Minute habe es Nachbesserungen gegeben, sei mit „heißer Nadel“ gestrickt worden, um das Gesetz noch schnell vor der Landtagswahl im Oktober in Kraft treten zu lassen. Das führe zu Rechtsunsicherheiten, weshalb sich die CDU-Fraktion bei der Abstimmung der Stimme enthalten werde, sagte Fiedler.
Danach trat Frank Kuschel ans Mikrofon und lobte die Arbeit der Regierungskoalitionsparteien. Kuschel hob hervor, dass mit der Abschaffung der Beitragserhebung einem Bürgerwunsch gefolgt worden sei. Leider gebe es aber auch Dinge, die den Bürgern nicht einfach beizubringen seien, sagte der kommunalpolitischer Sprecher der Linken. So müssten die Kommunen noch bis 2025 ihre Ersatzansprüche „spitz“ abrechnen, was bis zu diesem Zeitpunkt zu keinerlei Personalersparnis bei den Kommunen führe. Und auch, dass es für all diejenigen, die in den letzten knapp 28 Jahren Straßenbeiträge gezahlt hätten, keine Rückerstattung geben könne, sei unerfreulich. Trotzdem bleibe der positive Effekt, dass zukünftig niemand mehr im Freistaat neu zu Beiträgen veranlagt werden kann.
Danach sprachen noch Stephan Brandner (Alternative für Deutschland / AfD), Dirk Adams für die Grüne Fraktion im Thüringer Landtag und Claudia Scheerschmidt (SPD). Den Reigen der Redner beschloss Uwe Höhn, Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales, der die Gesetzesänderung noch einmal zusammenfasste. Danach beschloss der Landtag mit den Stimmen von Linken, SPD, Grünen sowie der oppositionellen AfD das 10. Gesetz zur Änderung des ThürKAG; die CDU enthielt sich.
Sobald das Gesetz im Gesetz- und Verordnungsblatt erscheint, tritt es in Kraft. Unklarheiten herrschen noch darüber, in welcher Höhe das Land den Kommunen die erwarteten Einnahmeausfälle ausgleichen wird. Dafür seien jährlich 15 bis 20 Millionen Euro veranschlagt, so die Landesregierung. Diese Summe sei weitaus zu niedrig, argumentieren Gemeinde- und Städtebund und Rechnungshof – allein die Stadt Jena hat ihre Ersatzansprüche für dieses Jahr auf mehr als 2 Millionen Euro beziffert. / RS