Wie der MDR am Wochenende berichtete, will der Verein der Thüringer „Bürgerallianz gegen überhöhte Kommunalabgaben e. V.“ auf juristischem Weg die Abschaffung der umstrittenen Straßen(aus)baubeiträge erreichen. Das habe der Vorsitzende der Organisation, Wolfgang Kleindienst, am 02. April 2016 in Erfurt angekündigt. Zunächst wolle man aber eine Entscheidung des Landtages abwarten, so Kleindienst im MDR.
Ausbaubeiträge für Straßen können in Thüringen seit 1991 gem. dem Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG) von Städten und Gemeinden dafür erhoben werden, wenn Grundstückseigentümer durch die Erneuerung, Verbesserung oder Erweiterung ihrer öffentlichen Straße einen sog. „besonderen Vorteil“ erfahren. Dieser besondere Vorteil erwächst allerdings nur denjenigen Grundstückseigentümern, deren Grundstücke an dieser Straße liegen. Von einer Sanierung der betreffenden Straße gem. dem ThürKAG nicht bevorteilt sind daher alle Grundstücke, die an anderen öffentlichen Straßen liegen; hierdurch bildet sich ein sog. „Abrechnungsgebiet“ mit bevorteilten Grundstücken, denn gegenüber den anderen Grundstückseigentümern der Kommune oder aber z. B. Autofahrern haben diese anliegenden Grundstückseigentümer neben dem einfachen Benutzen der Straße einen weiteren – im Beitragsrecht definierten – „besonderen“ Vorteil, da deren Grundstücke ohne die betreffende öffentliche Straße nicht erreichbar wären. Mit Wertsteigerungen des betreffenden Grundstücks oder dem, was man landläufig als „Vor-“ oder „Nachteil“ empfindet, hat der beitragsrechtliche „besondere Vorteil“ somit nicht unmittelbar etwas zu tun.
Jena erhebt seit 1992 Straßen(aus)baubeiträge, zahlreiche Kommunen im Freistaat haben aber jahrelang auf die Erhebung dieser Art von Beiträgen verzichtet. Das Oberverwaltungsgericht Weimar hatte diese Praxis in einem Urteil im Jahr 2005 deshalb als unrechtmäßig eingeschätzt. Daraufhin hatte das Land den Kommunen im ThürKAG aufgetragen, entsprechende Beitragssatzungen zu beschließen und Gebühren auch rückwirkend zu erheben – und zwar für Maßnahmen bis zum Jahr 1991 zurück. Diese, von der Vorgängerregierung beschlossene, Festlegung ist bei der neuen rot-rot-grünen Koalition umstritten; sogar eine Abschaffung der Straßenbeiträge wird diskutiert. Die Landesregierung hatte aber vor kurzem erklärt, zunächst die Frage der rückwirkenden Erhebung neu zu behandeln. Hier möchte der Verein Bürgerallianz erreichen, dass Kommunen künftig unabhängig von ihrer Finanzkraft entscheiden können, ob sie Beiträge erheben wollen. Laut der aktuellen Gesetzesregelung hat eine Gemeinde oder Stadt in Thüringen aber nur dann diesen Spielraum, „wenn ihre finanzielle Situation dauerhaft so günstig ist, dass sie ohne Verletzung der Einnahmebeschaffungsgrundsätze auf eine Beitragserhebung verzichten kann“.
Bürgerallianz-Vorsitzender Kleindienst kündigte aber an, dass seine Lobby selbst dann, wenn das Land Thüringen die Straßen(aus)baubeiträge abschaffen sollte und durch eine sog. „Infrastrukturabgabe“ ersetzt, hiergegen juristisch vorgehen will. Dabei gehe, nach den Worten von Kleindienst, um den Begriff des „besonderen Vorteils“. Im MDR fragte er: „Worin besteht für Bürger der besondere Vorteil, wenn die Straße vor ihrer Haustür saniert ist? Sie haben auch vorher schon mit dem Auto auf ihr Grundstück fahren können.“ Ziel seines Vereins sei eine Entscheidung vor dem Bundesverfassungsgericht.