Gezahlt werden soll laut Auskunft der Landesregierung, weil der Freistaat Thüringen dieses Geld im Landeshaushalt zur Verfügung hat. Man sollte dabei aber nicht aus dem Auge verlieren, dass der Freistaat aktuell jährlich noch Geld aus dem sog. Länderfinanzausgleich (einer Art Umverteilung finanzieller Mittel vom Bund und zwischen Bundesländern) in seinen Landeshaushalt zugeführt bekommt; 2016 waren dies etwa 1,6 Milliarden Euro. Übernächstes Jahr läuft diese Geldumverteilung aus. Man bezieht also Geld von außen und gibt dieses als Ersatz für abgeschaffte Kommunalabgaben an Thüringer Städte und Gemeinden weiter.
Aber:
Sorgt die Abschaffung der Straßenbeitragserhebung dafür, dass vom nächsten Jahr ab in Thüringen / in Jena niemand mehr Beiträge zu zahlen hat, wird dadurch vielleicht sogar die Abteilung Beiträge beim Kommunalservice Jena überflüssig?
Dem ist nicht so, denn 1. werden weiterhin von Grundstückseigentümern Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch erhoben (dies allein macht bereits die Beibehaltung eine Abt. Beiträge beim KSJ notwendig), 2. sind nach Auflösung der vier großen Sanierungsgebiete in Jena von allen Eigentümern der mit einem sog. Sanierungsvermerk versehenen Grundstücke Sanierungsbeiträge zu zahlen und 3. erhebt die Stadt auch weiterhin Straßenbaubeiträge und zwar von allen Grundstückseigentümern deren Straßen vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung fertiggestellt worden sind.
Und da sich die Gesetzesänderung auf die Zukunft bezieht, ist es auch nicht möglich, währenddessen das „alte“ Gesetz noch verbindlich gilt, auf eine Beitragserhebung zu verzichten, die hierfür notwendigen Arbeiten also einzustellen. Auch wenn es zu einem entsprechenden Moratorium käme, denn dieses wäre für Kommunen nur dann verbindlich, sofern es als Landesgesetz beschlossen und veröffentlicht wir und in Kraft tritt.
DIE ERHEBUNG VON ERSCHLIESSUNGSBEITRÄGEN
Das Baugesetzbuch ändert sich nicht. Hier regeln die §§ 127 ff. die spätere Erhebung von Erschließungsbeiträgen. In Jena betrifft dies derzeit beispielsweise die Herstellung die Erschließungsstraßen im Hausbergebiet, die Löbichauer Straße (östlich der Fuchslöcherstraße), den Fußweg am Feuerwehrhaus in Lützeroda oder das neue Wohngebiet Am Oelste sowie persepktivisch alle weiteren Straßenbaumaßnahmen an öffentlichen Straßen, die zum 03.10.1990 noch nicht erstmalig endgültig hergestellt waren.
DIE ERHEBUNG VON AUSGLEICHSBE(I)TRÄGEN
In unserer Stadt gibt es mehrere förmlich festgelegte Sanierungsgebiete nach dem BauGB. Dies sind…
1. das Sanierungsgebiet „Modellvorhaben der Stadterneuerung Jena“ (Teilgebiet I „Mittelalterliche Altstadt“ / Teilgebiet II „Südliche Innenstadt“ / Teilgebiet III „Westliche Innenstadt“ / Teilgebiet IV „Nördliche Innenstadt“ / Teilgebiet V „Steinweg & Inselplatz“ / Teilgebiet VI „Ergänzungsgebiet Saaleufer“),
2. das Sanierungsgebiet „Westliche Innenstadt“,
3. das Sanierungsgebiet „Jena Ost / Karl-Liebknecht-Straße“ mit dem Ergänzungsgebiet Gries,
4. das Sanierungsgebiet „Damenviertel / Sophienstraße“,
5. das Sanierungsgebiet „Gewerbegebiet Unteraue“
Insgesamt acht Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Dezernats Stadtentwicklung der Stadt Jena arbeiten in diesem Bereich im Team Stadtumbau und sorgen dort für die Grundlagenarbeit, die Beantragung und die Kontrolle der Gewährung von städtebaulichen Fördermitteln, lösen hin und wieder vorzeitig Ausgleichsbeiträge ab. Jedes Grundstück in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet hat im Grundbuch einen sog. Sanierungsvermerk. Gibt es einen solchen Vermerk, dann hat der Grundstückseigentümer nach dem Abschluss der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen bzw. der Aufhebung des Sanierungsgebietes einen sog. Ausgleichsbetrag (im allgemeinen Sprachgebrauch auch oft Ausgleichsbeitrag genannt) an die Stadt Jena zu zahlen*.
Da alle Städtebaufördermittel jedoch keine Geschenke an die Kommunen sind oder aber Straßenbaufördermitteln gleichgestellt wären, hat die Stadt Jena diese als Ausgleichsbetrag/-beitrag zurückgeführten finanziellen Mittel an den jeweiligen Fördermittelgeber wieder zurückzuerstatten. Und viele Städte in der Vergangenheit wenig öffentlichkeitswirksam mit dem Thema der Zahlung dieser Gelder umgegangen sind (worunter aus Jena zu zählen ist), haben sich die meisten hiervon betroffenen Grundstückseigentümer mit der Thematik der Entrichtung zukünftig anstehender Ausgleichsbeiträge oder deren möglichen Höhen noch nicht oder nicht tiefergehend beschäftigt.
Auch wenn in Jena die schwierige Aufgabe der flächendeckenden Abrechnung von Sanierungsverfahren und der Erhebung von Ausgleichsbeiträgen relatives Neuland darstellt, kann die Abteilung Beiträge des KSJ mit ihren vier Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen hier die dem Team Stadtumbau zur Seite stehen, sämtliche Grundstücke erfassen, für eine unabhängige Information bei den betroffenen Grundstückseigentümern sorgen und damit zur Aufklärung beitragen. Es handelt sich hierbei um mehrere TausendGrundstücke**, die in Jena von einer späteren Erhebung von Ausgleichsbeträgen betroffen sind.
Wenn hier das Team Stadtumbau im Dezernat Stadtentwicklung die Ergebnisse der Grundstückswertsteigerungen entsprechend der Festlegung der Gutachterausschüsse* bearbeiten und die eigenen Aufwendungen der einzelnen Grundstückseigentümer mit einbeziehen*** würde, könnte die Abteilung Beiträge anschließend für die Erhebung der Ausgleichsbeiträge sorgen.
DIE WEITERE ERHEBUNG VON STRASSEN(AUS)BAUBEITRÄGEN
Mit der für den Sommer 2019 vorgesehenen Änderung des ThürKAG entstehen zwei Rechtssysteme. 1. das der Rechtskraft des Thüringer Kommunalabgabengesetzes vor der Gesetzesänderung und 2. das unter der Rechtskraft des ThürKAG nach erfolgter Änderung.
Heißt: Für alle Straßenausbaumaßnahmen in unserer Stadt, die nach dem Inkrafttreten der Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes begonnen oder fertiggestellt werden, ist eine Erhebung von Straßenbaubeiträgen nicht mehr gegeben und damit ausgeschlossen.
Bei allen Grundstückseigentümern deren Straßen allerdings vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung fertiggestellt worden sind, hat die Stadt Jena / hat die Abteilung Beiträge im KSJ auch weiterhin Straßenbaubeiträge zu erheben. Letztes zeitliches Limit wäre hierbei der Eintritt der Festsetzungsverjährung am 01.01.2023. Ab diesem Zeitpunkt kann und darf keine Straßenbaubeitragserhebung in Jena mehr erfolgen.
Rainer Sauer
Dipl.-Verw. (FH) und Leiter des Abteilung Beiträge
im Kommunalservice Jena
* = Die durch entsprechende Städtebaufördermaßnahmen erreichten Verbesserungen innerhalb des Sanierungsgebietes drücken sich in der Regel in einer sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung aus – hierunter versteht man die Differenz zwischen den so genannten Anfangswert, als das jeweilige Sanierungsgebiet festgelegt wurde (in Jena war dies üblicherweise in der ersten Hälfte der 1990er Jahre) und dem Endwert nach Abschluss des Gebietes.
Als Anfangswert wird der sog. sanierungsunbeeinflusste Bodenwert angesetzt, der sich für das jeweilige Grundstück ergeben hätte, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre – Endwert ist der Bodenwert, der sich zum Abschluss der Sanierung ergibt, wobei Änderungen in den allgemeinen Wertverhältnissen auf dem Grundstücksmarkt ebenso zu berücksichtigen sind wie Maßnahmen die der Eigentümer selbst aufgewandt hat, um seine individuelle Gebäude- bzw. Grundstücksqualitäten zu erhöhen.
Die Differenz zwischen dem Anfangswert und dem bereinigten Endwert wird als Eurobetrag pro qm Grundstücksfläche in Form des Ausgleichsbetrags von den Grundstückseigentümern erhoben, sozusagen als deren Beitrag an den Kosten der Gebietsaufwertung.
** = insgesamt ca. 2.600 Grundstücke mit einer Gesamtfläche von mehr als 2 Millionen Quadratmetern.
*** = diese mindern den von den Grundstückseigentümern zu zahlenden Betrag