In Thüringen verdichten sich die Anzeichen, im kommenden Jahr die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen. Die erneute Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes (ThürKAG) soll, so ist zu vernehmen, zur Jahresmitte kommen und rückwirkend zum 1. Januar 2019 in Kraft treten.
Ministerpräsident Bodo Ramelow räumte gestern gegenüber der Presse ein, dass noch viele rechtliche Fragen offen und ungeklärt seien, auf die jedoch ein Rechtsgutachten bis Mitte Januar 2019 die entsprechenden Antworten liefern werde. Eines sei aber wichtig: „Wir wollen abschaffen,“ erklärte Ramelow. Zugleich stellte der Ministerpräsident klar, dass eine befreiende Rückwirkung vor dem 01.01.2019 ausgeschlossen sei. Alle zwischen August 1991 (damals trat das ThürKAG in Kraft) und dem 31.12.2018 erlassenen Straßenbaubeitragsbescheide wären rechtswirksam und könnten nicht aufgehoben werden.
Ramelow kündigte am Dienstag zudem an, dass auch die CDU in das Gesetzgebungsverfahren eingebunden werden solle, denn er wünsche sich eine breite Mehrheit im Erfurter Parlament. Weiter erwähnte der Thüringer MP, dass die Landesregierung Gespräche mit dem Gemeinde- und Städtebund aufnehmen wolle, um über ein Moratorium zu verhandeln, damit die Kommunen für den gesamten Zeitraum des Gesetzgebungsverfahrens von der Erhebung der Straßenausbaubeiträge absehen können, wenn ihnen der Freistaat die entfallenden Beitragseinnahmen ersetzt.
Mehrere Vertreter von Gemeinden und Städten zeigten sich skeptisch, ob ein solches Moratorium überhaupt zulässig sei, wenn zugleich nach dem aktuellen Gesetz Beiträge erhoben werden müssten. So ist etwa der Landesfachausschuss Innen und Justiz der Thüringer Freien Demokraten der Meinung, dass allein ein gesondertes Gesetz und kein einfaches Moratorium die Wirksamkeit des ThürKAG bis zu einer Gesetzesänderung aufhalten könne, wie dessen Sprecher Dirk Bergner auf Anfrage erklärte.
Ebenso ungeklärt ist, wann die Kommunen im kommenden Jahr für die Einnahmeausfälle entschädigt werden sollen. Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee teilte bisher lediglich mit, dass dafür im Entwurf des Landeshaushalts 2020 Vorsorge getroffen werde. Wer und wann beispielsweise der Stadt Jena 2019 das durch einen entsprechenden Einnahmeausfall im KSJ-Wirtschaftsplan entstehende Finanzloch von rund 800.000 Euro schließt, sei derzeit völlig offen, wie Kommunalservice-Abteilungsleiter Rainer Sauer erklärte. / CD