Die rot-rot-grüne Koalition legt im Verfahren zur Abschaffung der Straßen(aus)baubeiträge in Thüringen einen Gang zu und plant sogar, bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden Änderung im Thüringer Kommunalabgagengesetz / ThürKAG, mit dem 1. Januar 2019 ein Moratorium wirksam werden zu lassen, das Haus- und Grundstücksbesitzer komplett von der Erhebung solcher Kommunalabgaben befreien soll.
Obwohl dem Vernehmen nach die Kommunen für damit verbundene Einnahmeausfälle vom Freistaat entschädigt werden sollen, weist Rainer Sauer, Leiter der Abteilung Beiträge der Stadt Jena, auf Schwierigkeiten hin, die mit einem solchen Moratorium einhergehen würden, und klärt zudem über den Irrglauben auf, dass es nach einer Gesetzesänderung keine Erhebung von Straßen(aus)baubeiträgen mehr geben werde. Sauer:
„Auch wenn ein von verschiedenen Landtagsfraktionen in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten noch abzuwarten ist, gilt das aktuelle Thüringer Kommunalabgabengesetz bis zu seiner Änderung in allen Konsequenzen. Das heißt, dass Straßenausbaubeiträge von den Kommunen verbindlich zu erheben sind.“
Und auch nach einer Gesetzesänderung kommt es zu keinem Stopp der Beitragserhebung für nach dem aktuellen Gesetz beitragspflichtige Straßenausbaumaßnahmen, wie der Dipl.-Verw. (FH), der in Jena seit 1991 für die Erhebung von Erschließungs- und Straßenbeiträgen verantwortlich ist, erklärt.
„Mit der endgültigen Abschaffung der Straßenbeitragserhebung im ThürKAG entsteht eine Regelung für die Zukunft, die alle zukünftigen Baumaßnahmen ab dem Stichtag des Inkrafttretens betrifft. Damit ist keine Rückwirkung möglich. Dies gilt auch für ein mögliches Moratorium.“
Unabhängig davon, dass ein Moratorium in der durch die Presse angekündigten Form seiner Ansicht nach latent verfassungswidrig ist, da es Thüringer Kommunen unter der Wirksamkeit des aktuellen Kommunalabgabengesetzes dazu bewegen könnte, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung ihrer Bürgerinnen und Bürger zu verstoßen, müssten die Kommunen im Freistaat ohne Ausnahme grundsätzlich sämtliche begonnenen und nach dem seit 1991 gültigen ThürKAG beitragspflichtigen Straßenbaumaßnahmen auch abrechnen und Beiträge erheben.
„Ein Verzicht auf die Erhebung von Kommunalabgaben, die unter der prinzipiellen Wirksamkeit eines Gesetzes entstandenen sind, ist unzulässig“,
so Rainer Sauer. Zwar werde über die Sinnhaftigkeit der Erhebung von Straßen(aus)baubeiträgen in Thüringen seit ihrer Einführung gestritten, da in der Regel ein Teil der Straßenbaukosten „für die Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen“ von Haus- und Grundstücksbesitzern zu bezahlen sind. Dies lasse sich nach Sauers Worten aber nicht nachträglich außer Kraft setzen.
„In Jena betrifft dies abgeschlossene, jedoch noch nicht abgerechnete Straßen wie etwa den Burgweg, die Erfurter Straße, die Bauersfeldstraße, die Leipziger Straße oder die Lützowstraße. In all diesen Straßen wird es noch eine gesetzliche Beitragserhebung geben müssen“,
berichtet Sauer.
Hoffnung, keine Beiträge entrichten zu müssen, könnten sich lediglich Grundstückseigentümer in Straßen machen, in denen Baumaßnahmen noch nicht begonnen wurden oder in denen solche derzeit laufen, die Schlussrechnungen aber erst nach einem im Thüringer Kommunalabgabengesetz später zu verankernden Stichtag eingehen, erklärte der Abteilungsleiter. / CD