Für die Aufwandsermittlung und -verteilung ist im Straßen(aus)baubeitragsrecht nach dem Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG) der sog. Anlagenbegriff des Straßenbaubeitragsrechts maßgebend; dieser ist identisch mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriff nach dem Baugesetzbuch (BauGB). Deshalb ist bei der Beantwortung der Frage, was eine später einmal abzurechnende beitragsfähige Einrichtung bzw. Anlage i.S.d. § 7 ThürKAG ist, darauf abzustellen, was sich „bei natürlicher Betrachtungsweise“ als „gesamte Verkehrsanlage“ darstellt, d.h. es kommt auf das äußere Erscheinungsbild der Straße und ihre Funktion an.
Maßgebend sind dabei z.B. nach Meinung des VG Greifswald vom 30.6.2010 (Entscheidung 3 A 1903/08) oder des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.4.1994 (Urteil 8 C 18/92) vornehmlich die Kriterien „Straßenführung, Straßenbreite und Straßenausstattung“. Bei einem einheitlichen Verlauf und Ausbauzustand sei „grundsätzlich von einer einheitlichen Verkehrsanlage i.S.d. natürlichen Betrachtungsweise auszugehen“ urteilten die Gerichte. Fazit: Straßen sind grundsätzlich in gesamter Länge auszubauen und abzurechnen. Ausnahmen hiervon kann allein die sog. „Abschnittsvbildung“ sein, also die separate Herstellung und Abrechnung einzelner oder mehrerer Teilstrecken der Gesamtstraße.
Zu den Voraussetzungen für eine Abschnittsbildung
Hierzu haben die maßgeblichen Verwaltungsgerichte festgelegt, dass nur ausnahmsweise der Ausbau einer – insbesondere erheblichen – Teilstrecke als endgültige Fertigstellung dieses Teils der Erneuerung der gesamten Anlage mit der Folge angesehen werden kann, dass eine Abschnittsbildung zulässig ist und hierfür separat Beiträge erhoben werden können. Eine beliebige Bildung von Teilabschnitten sehen ThürKAG noch BauGB aus Gründen der Vorteilsgerechtigkeit nicht vor. Es muss sich daher um eine Straßenstrecke handeln, die vorwiegend durch äußere, in den tatsächlichen Verhältnissen begründete Merkmale begrenzt ist und der eine gewisse selbstständige Bedeutung als Verkehrsweg zukommt.
Die Abschnittsbildung setzt verbindlich ein Bauprogramm voraus, das einen Ausbau der Straße auf ganzer Länge vorsieht und zwar unabhängig davon, wann die einzelnen Teilabschnitte zeitlich ausgebaut werden sollen. An dem grundsätzlichen Erfordernis des Ausbaus der öffentlichen Straße auf ganzer Länge ändert sich durch die gesetzlich eröffnete Möglichkeit der Abschnittsbildung nichts. Zur „hinreichenden Begrenzung“ einzelner Abschnitte geeignete äußere Merkmale sind insbesondere einmündende Straßen, Plätze, Brücken.
Wenn die Teillängen einer Gesamtstraße zeitlich getrennt und aufeinander folgend hergestellt werden, bedeutet dies aber nicht, dass sie auch getrennt abgerechnet werden dürfen. Insbesondere gilt dies bei – im Vergleich mit der Gesamtstraße – relativ kurzen Straßenabschnitten; hier verbietet sich eine getrennte Beitragsabrechnung, wenn z.B. der weitaus größere Teil der Straße auf den kleinen Teil insoweit angewiesen ist, dass er ihn für seine Funktionalität braucht.
Ob eine Kommune von der ihr eingeräumten Möglichkeit einer Abschnittsbildung Gebrauch macht, liegt allein in ihrem Ermessen, was mit sich bringt, dass Straßenanlieger eine Abschnittsbildung für sich nicht einforden können, wenn die Grundlagen hierfür nicht gegeben sind. Die Kommune muss zudem den (späteren) Beitragsschuldnern gegenüber nicht begründen, weshalb sie keine Abschnitte gebildet hat.
/RS