Vor zwei Wochen änderte der Thüringer Landtag mit den Stimmen der rot-rot-grünen Landesregierung sowie der AfD das Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG), um so die Erhebung von Straßen(aus)baubeiträgen für die Zukunft abzuschaffen. Allerdings steht das Inkrafttreten der Gesetzesänderung noch aus.
Am 18. September 2019 informierte die Werkleitung des städtischen Eigenbetriebs Kommunalservice Jena (KSJ) den zuständigen Werkausschuss über die Abschaffung der Beitragserhebung in Thüringen und die hiermit verbundenen Auswirkungen auf den Wirtschaftsplan des KSJ und zeigte in einer Dokumentation, wie Jena zukünftig seine Beitragsersatzansprüche gegenüber dem Freistaat berechnet (die Dokumentation kann man HIER ansehen).
Hierbei erläuterte der für die Erhebung von Beiträgen in Jena zuständige Abteilungsleiter Rainer Sauer mit einem besonderen Blick auf vergangene Jahre die aktuelle finanzielle Situation der Stadt Jena in diesem Bereich. Während 2011 bis 2018 insgesamt rund 5,0 Millionen Euro eingenommen werden konnten, davon in den letzten beiden Jahren mehr als 1,7 Millionen, stehen die Einnahmen für das laufende Haushaltsjahr derzeit noch bei 0,0 Euro. „Der Grund hierfür liegt darin, dass die Stadt, wie fast alle Kommunen im Freistaat auch, seit Jahresanfang, dem Wunsch der Landesregierung Folge leistet und keine Straßenbaubeiträge erhebt“, berichtete Sauer den Werkausschussmitgliedern.
Die Gesetzesänderung verlief jedoch anders, als es die Landesregierung ursprünglich geplant hatte. Mit dem Inkrafttreten des „neuen“ Kommunalabgabengesetzes müssen Grundstückseigentümer nämlich (auch in Jena) trotzdem noch Beiträge zahlen. So in unserer Stadt beispielsweise in der Beethovenstraße, dem Burgweg und der Ziegenhainer Straße – Einnahmen, die der Freistaat der Stadt nach der Gesetzesänderung nicht ersetzt und die als Beitragsbescheide seit Jahresanfang hätten zugestellt werden sollten, was schon fest eingeplant war. Geld, dass der Stadt Jena und ihrem Eigenbetrieb – gerade in Zeiten der Haushaltssperre – schmerzlich fehlt.
Wann diese Bescheide verschickt werden können hänge u.a. daran, wie schnell der Stadtrat eine neue Satzung zur Beitragserhebung in Kraft setzen kann, erläuterte der Abteilungsleiter. Dies habe auch mit der Präambel der aktuellen Satzung zu tun, aufgrund der ein rechtssicheres Erheben von Straßenbaubeiträgen nach der Änderung des ThürKAG nicht möglich sei. „Und wir befürchten eine Flut von Widersprüchen, sobald wir unsere Bescheide versenden“, sagte Rainer Sauer. „Die Bürger gehen einfach davon aus, dass es mit dem ’neuen‘ KAG keine Beitragserhebung mehr geben kann. Dazu trägt bei, dass die Sachverhalte in der Öffentlichkeit nicht immer zutreffend oder sehr vereinfachend aufgezeigt wurden und werden.“
Ebenso Schmerzen bereite die Situation, dass man den vom Freistaat zugesicherten Kostenersatz für nicht mehr zu erhebende Straßenbaubeiträge so schnell nicht erhalten werde, wie Sauer ausführte. „Erst einmal muss das Gesetz in Kraft treten, dann warten alle Kommunen auf die neuen Richtlinien der Landesregierung, wie die Beitragsersatzzahlungen beantragt werden – die müssen zügig erlassen werden. Auch wo wir das Geld beantragen sollen, steht noch nicht fest und wann wir die ersten Abschlagszahlungen vom Freistaat erhalten, wenn dort eine Flut von Anträgen eingeht, die abgearbeitet werden muss, kann ebenso nicht prognostiziert werden.“
Für das Jahr 2019 werde es im Wirtschaftsplan des Kommunalservice Jena wahrscheinlich bei 0 Euro an Einnahmen aus Straßenbaubeitragserhebung und Beitragsersatz durch den Freistaat bleiben, so der Abteilungsleiter, dies obwohl vom KSJ laufend Rechnungen für die aktuellen Baumaßnahmen zu zahlen sind. Sauer berichtete auch, dass derzeit täglich meist mehrere Anfragen von Bürgern eingehen, ob sie nach der Gesetzesänderung noch mit einer Beitragsforderung zu rechnen haben oder nicht. / SvM