Noch drei Wochen, dann soll in Thüringen das Kommunalabgabengesetz geändert und die Erhebung von Straßen(aus)baubeiträgen abgeschafft werden (wir berichteten).
Der Thüringer Rechnungshof warnt aber nach wie vor, die von den Koalitionsfraktionen geplante Beitragsabschaffung zu beschließen und umzusetzen. Rechnungshofpräsident Sebastian Dette sagte der Mediengruppe Thüringen gegenüber bereits vor Wochen, dass vor allem die vom Land auf jährlich zwischen 20,0 und 23,5 Mio. Euro bezifferten Ausgleichszahlungen des Freistaat an die Kommunan als viel zu gering anzusehen seien. Dette damals (Zitat): „Dieser Betrag macht wohl lediglich einen Bruchteil des verfassungsrechtlich begründeten Ausgleichsanspruchs aus, den die Gemeinden bei einer Abschaffung des Straßenausbaubeitrags jährlich gegen den Freistaat haben werden, und zwar über viele Jahre und Jahrzehnte.“ – Der Thüringer Rechnungshof gehe von einem Mehrfachen des von den rot-rot-grünen Landtagsfraktionen genannten Betrages aus.
Auch dem Gemeinde- und Städtebund Thüringen sowie verschiedenen Kommunen scheint die Methode, für die Ermittlung des Ausgleichsanspruchs auf die Beitrags-Einnahmen der vergangenen Jahre abzustellen, nicht sinnvoll. So sagt Rainer Sauer, Beitragsexperte der Stadt Jena: „Sie ist schon deshalb ungeeignet, weil erstens einige Städte und Gemeinden bisher auf dringend erforderliche Sanierungsarbeiten verzichtet oder sie über Jahre hinausgeschoben haben, weil sie keine Beiträge erheben wollten. Diese werden sich zukünftig ebenfalls um das Geld des Landes bemühen, denn sie brauchen ja keine Beitragserhebung mehr durchzuführen. Weiterhin ist seit etwa vier Jahren ein immenser Anstieg der Herstellungskosten zu erleben. In Jena haben wir aktuell teilweise Ausschreibungsergebnisse, die 50 bis 100 % höher liegen, als die redlich geplanten Kosten. Dies bei Niedrigstbieterauswahl.“
Hinzu kämen Kommunen, die bisher, weil sie hohe Steuereinnahmen hatten, ganz auf eine Beitragserhebung verzichtet haben. „Auch ihnen kann der Freistaat nach dem Prinzip ‚Gleiches Recht für alle‘ nicht verwehren, Geld aus dem Landestopf zu beantragen“, sagt Sauer, der erwartet, dass der Haushaltsansatz der Landesregierung von 20 Mio. Euro unter Umständen verdoppelt werden müsse,
Dette wiederum plädierte im Zeitungsbericht der Mediengruppe dafür, den Bedarf der Kommunen in den kommenden Jahren für die Kalkulation des Kostenersatzes zu Grunde zu legen. Der werde in Thüringen erheblich sein, so seine Prognose, da eine Vielzahl von Gemeindestraßen vor etwa drei Jahrzehnten kurz nach der Einheit ausgebaut wurden und in Kürze erneurt werden müssten.
Ganz andere Probleme sieht Rainer Sauer. Seinen Worten nach sei der von den Kommunen zu beantragende Zusatzaufwand für Straßen, die vor dem 01.01.2019 begonnen wurden, in den 20 Mio. Euro keinesfalls enthalten. Allein Jena habe im nächsten Jahr für 2019 unter Umständen gleich mehrere Millionen Euro vom Land zu erhalten, die bereits augegeben wurden und ab September nicht mehr als Straßenbaubeitrag refinanziert werden dürfen. Darunter Straßen die (Zitat) „Hochkaräter“ seien wie Burgweg, Lützowstraße, Marktstraße, Erfurter Straße und Naumburger Straße. Hinzu kämen die rund 1,5 Mio. Euro, die man für die 2019 begonnenen Verkehrsanlagen beantragen werde. Sauer: „Ich gehe von rund 4 Mio. Euro aus, die allein Jena im kommenden Jahr vom Freistaat aus dem Finanzersatz-Topf erhalten wird.“ / SvM
Hinweis: Der nächste Artikel unter dem Titel „Kostenersatz ‚Straßenbeiträge‘: Wie Jena seine Ansprüche gegenüber dem Freistaat berechnet (1)“ erscheint in den kommenden Tagen.