Kaum ein Hausbesitzer in unserer Stadt ist so reich, dass er seiner gesetzlichen Pflicht zur Entrichtung von Straßenbaubeiträgen nach § 7 der Thüringer Kommunalabgabengesetzes (ThürKAG) problemlos in der gesetzlichen Vier-Wochen-Frist nachkommen kann. Aus diesem Grund gibt es seit Mitte der 1990er Jahre die Möglichkeit, die Beitragslast in Raten an die Stadt Jena zu zahlen über maximal 20 Jahre. Seit Sommer 2017 sind die Zinsen hierfür so gering, dass sich jedermann und jede Frau eine solche Ratenzahlung leisten kann. Sie liegen derzeit (= Stand 20.02.2018) bei 0,32 % pro Jahr.
Zur gesetzlich vorgeschriebenen Beitragserhebung nach § 7 ThürKAG sieht das Thüringer Kommunalabgabengesetz seit 1994 eine Option vor, die für Kommunen wie Jena, die seit dem Inkrafttreten des ThürKAG im August 1991 sog. „herkömmliche“ Straßen(aus)baubeiträge erheben, einem Paradigmenwechsel gleichkommt. Es sind die Wiederkehrenden Straßenbaubeiträge nach § 7a des ThürKAG. Die Piraten im Jenaer Stadtrat haben in ihrer Beschlussvorlage Nr. 18/1652-BV darum gebeten, dass der Oberbürgermeister der Stadt Jena damit beauftragt werden soll, zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen die Erhebung von Straßenbaubeiträgen in unserer Stadt auf ein System mit wiederkehrenden Beiträgen umgestellt werden kann.
Insbesondere soll in diesem Zusammenhang ermittelt werden, a) welche Höhe der jährliche Beitrag haben müsste, um die Straßenbaukosten im bisherigen Umfang zu decken, b) ob sich bei Erhebung wiederkehrender Beiträge der Verwaltungsaufwand derart verringern lässt, dass der Anteil der Stadt an den Straßenausbaukosten kostenneutral erhöht werden kann, c) wie eine rechtsichere und bürgerfreundliche Übergangsregelung zur Vermeidung von Doppelbelastungen bei Grundstücken, für die bereits eine Gebührenpflicht entstanden und gegebenenfalls eine entsprechende Zahlung geleistet worden ist, geschaffen werden kann. Als vierter Parameter sollte aus Sicht des Kommunalservice Jena auch die Beitragseinnahmedifferenz zur bisher üblichen Beitragserhebung in unserer Stadt eine Rolle spielen.
Ein solcher Prüfauftrag ist richtig und wichtig, da er für den Bereich der Stadt Jena in den letzten knapp 25 Jahren bereits mehrfach durchgeführt wurde und das Ergebnis bislang die Nicht-Umstellung der Beitragserhebung von § 7 auf § 7a ThürKAG zum Ergebnis hatte. Da die letzte Prüfung jedoch bereits mehr als ein Jahrzehnt her ist und sich gewisse Rechtslagen mittlerweile geändert haben könnten, macht ein solcher Prüfauftrag Sinn. Nicht geändert hat sich die Pflicht zur Bildung sog. „Abrechnungseinheiten“. In Jena könnten dies bis zu 30 Einzelsysteme von Verkehrsanlagen sein. Stadträtin Frau Dr. Heidrun Jänchen erwähnte im Stadrat drei Städte aus Rheinland-Pfalz, die seit Jahren erfolgreich Wiederkehrende Straßen(aus)baubeiträge erheben: Pirmasens (mehr als 40.000 Einwohner), Kaiserslautern (etwa 98.000 Einwohner) sowie die Landeshauptstadt Mainz (210.000 Einwohner).
- Pirmases hatte ursprünglich 16 Abrechnungseinheiten von denen zwischenzeitlich neun zu einer einzigen Abrechnungseinheit namens „Stadtgebiet im Übrigen“ zusammengefasst wurden
- Kaiserslautern hat zwölf Abrechnungseinheiten
- Mainz hat 14 Abrechnungseinheiten, bei denen pro Jahr aber durchschnittlich in weniger als der Hälfte wiederkehrende Beiträge erhoben werden
Wie Frau Dr. Jänchen dem Stadtrat zurecht berichtet hat, wird diese Möglichkeit solidarischer Finanzierung von Straßenbaulasten in Rheinland-Pfalz gern und häufig genutzt. Derzeit erheben mehr als zwei Dutzend Kommunen wiederkehrende Beiträge, bei denen die Grundstückseigentümer Beiträge von meist unter 100 Euro jährlich zu zahlen haben. Jedoch ist die Infrastruktur in Rheinland-Pfalz nach wie vor besser als in Thüringen, so dass es im Freistaat nach Feststellungen des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen (GStb-T) grundsätzlich zur Abrechnung von mehr und teureren Maßnahmen kommt. Probleme für die Erhebung wiederkehrender Beiträge zeigen sich für den GStb-T aktuell immer noch durch die Rechtsprechung des OVG Thüringen, durch die die Bildung von Abrechnungseinheiten für falsch und die Erhebung von Wiederkehrenden Beiträgen für unzulässig erklärt wird.
Sollte ein solcher Prüfauftrag erteilt werden, wäre aus Sicht des Kommunalservice Jena – neben der erwähnten Erweiterung der Prüfung auch der finanziellen Komponente für den KSJ – eine Einbindung sowohl des Thüringer Landesverwaltungsamtes als auch des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen sowie eine Recherche in Rheinland-Pfalz sinnvoll. Wir gehen davon aus, dass eine solche Gesamtprüfung aufgrund ihrer grundsätzlichen Bedeutung ohne Zeitdruck erfolgen sollte. / RS
In meinem Ort in Rheinland-Pfalz werden die „Wiederkehrenden Beiträge“ nach der Größe der Grundstücksflächen und der Geschosszahlen der Häuser berechnet. Das ist m.E. wenig intelligent.
Was hat die Grundstücksfläche mit der Straße zu tun? Meines Erachtens garnichts. Wenn eine Bemessungszahl herangezogen wird, dann einzig die Länge eines Grundstücks parallel zur Straße. Die Tiefe eines Grundstücks hat nichts mit der Nutzung einer Straße zu tun.
Deweiteren wird die Vollgeschosszahl des Bebauungsplanes zur Bemessung herangezogen. Die Behörde interessiert es nicht, dass z.B. in unserer Straße lediglich ein Gebäude die maximale Geschosszahl von 2 hat. Alle anderen haben lediglich eine Geschosszahl von 1,5. Behörden legen in diesem Fall die Bemessungsgrundlagen willkürlich und bequem nach Aktenlage fest und nicht nach realen Werten.